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Holger Rupprecht (58) – hier nach dem Wiederaufstieg im Mai 2009 – ist seit 1996 Präsident des nun in Finanznöten steckenden Handball-Zweitligisten 1. VfL Potsdam.

© Möldner

Sport: „200 000 Euro würden uns retten“

Präsident Holger Rupprecht über die Finanznot des Handball-Zweitligisten 1. VfL Potsdam

Stand:

Herr Rupprecht, Sie haben als Präsident des Handball-Zweitligisten 1. VfL Potsdam auf der Potsdamer Leistungssportkonferenz in dieser Woche öffentlich beklagt, dass Ihr Verein vor dem wirtschaftlichen Aus steht. Wie schlimm sieht es denn aus?

Es sieht so aus, dass wir Schwierigkeiten haben, die laufende Saison zu überstehen, für die uns zwei Hauptsponsoren abgesprungen sind. Allein dadurch fehlen uns nun 150 000 Euro, etwa ein Viertel unseres Etats. Dazu kommt, dass wir nun in die Lizenzierung für die kommende Saison gehen und in der jetzigen Situation keinen Lizenzantrag stellen werden.

Worin sehen Sie den Grund für die gegenwärtige Situation?

Das Entscheidende ist die öffentliche Diskussion über Sponsoring im Potsdamer Sport, die vieles in die Nähe von Mauscheleien rückte, was ja Unsinn ist. Möglicherweise hätten wir damit rechnen müssen, als diese ganze leidige Diskussion losging, dass plötzlich – wie es bei uns passiert ist – ein Anruf kommt und jemand sagt: In dieser Stadt mache ich nichts mehr. Dann hätten wir vielleicht die Personalkosten dramatisch reduzieren müssen. Aber wir sind davon überrascht worden. 150 000 Euro durch zwei Großsponsoren sind von uns nicht zu kompensieren. Dazu kommt, dass es bei uns überraschend Teuerungen in der nun eingleisigen zweiten Liga gab, auf die man uns vorher nicht richtig vorbereitet hatte. Die zuständige Berufsgenossenschaft beispielsweise hat ihre Beiträge dramatisch erhöht, nachdem die Handball-Liga immer erklärt hatte, das würde nicht so schlimm werden. Ist es aber nun – und dann kommt alles zusammen. Auf einmal stehen wir da und müssen sagen: Wenn uns die Stadt nicht hilft, war es das mit zweiter Handball-Liga in Potsdam.

Ist die Situation des VfL vergleichbar mit der des Fußball-Drittligisten SV Babelsberg 03 Ende Mai dieses Jahres?

Von der Geldsumme her ist es sicher nicht so dramatisch. Wenn uns die Stadt Potsdam helfen will, würden uns einmalig 200 000 Euro retten. Damit könnten wir die jetzige Situation überstehen und auch ins Lizenzierungsverfahren gehen, weil man dann davon ausgehen könnte, dass wir auch eine folgende Saison meistern können. Ähnlich wie bei Babelsberg 03 ist die Situation aber schon, denn das Thema Lizenzierung wird inzwischen sehr genau genommen. Man bekommt einen Wirtschaftsprüfer, und derzeit hätten wir überhaupt keine Chance, das zu überstehen.

Wie haben denn Mannschaft und Trainer der Zweitliga-Mannschaft auf die Hiobsbotschaft reagiert?

Wir haben schon auf der Mitgliederversammlung im Oktober Klartext geredet, immer noch in der Hoffnung, dass ein Wunder eintritt. Spieler und Trainer wissen, wie es um uns steht, und hoffen ebenso wie ich, dass die Stadt uns hilft.

Gab es schon Reaktionen auf Ihren öffentlichen Hilferuf am Mittwochabend?

Offiziell noch nicht, aber ich bin guter Dinge. Die Stadtverordneten, die meine Aussagen auf der Leistungssportkoferenz gehört haben, haben die Dringlichkeit sehr gut verstanden. Sie wissen, dass es besonders dramatisch und fatal wäre, wenn jetzt, wo die neue Sporthalle am Luftschiffhafen fertig ist, mit dem VfL einer der Vereine, die dort spielen sollen, in die Knie gehen würde. Wir haben so lange um diese Halle gekämpft, mit der wir jetzt auch unsere Zuschauerzahl deutlich erhöhen wollen. Andere Zweitliga- Vereine haben einen Schnitt von 2000 oder 1500 Zuschauern, und irgendwann kommen wir mit 350 oder 400. Andere Vereine können durch höhere Zuschauereinnahmen einen größeren Teil ihres Etats decken.

Die nächste Saison wäre gesichert, wenn Ihr Verein jetzt finanzielle Hilfe bekäme?

Ja, wenn uns die Stadt einmalig mit 200 000 Euro helfen würde, könnten wir guten Mutes in das Lizenzierungsverfahren für die Saison 2012/13 gehen. Dann stehen wir wieder auf soliden Beinen. Es gibt in unseren Sponsorenkreisen die vielfache Bereitschaft, uns zu helfen. Das geht normalerweise aber immer erst für die folgende Saison. Deshalb bin ich auch optimistisch, dass wir das kommende Spieljahr auf die Reihe bekommen.

Bis wann müsste – um im momentanen Sprachgebrauch zu bleiben – der Rettungsschirm für den VfL Potsdam aufgespannt sein?

Spätestens im Januar müssen wir sicher sein, dass wir diese Saison überstehen, denn das Lizenzierungsverfahren beginnt jetzt. Man muss zunächst die Absicht erklären, eine Lizenz einreichen zu wollen, und das werden wir auf jeden Fall tun. Schlimmstenfalls müssten wir eine Strafe zahlen, falls wir dann doch verzichten. Die endgültige Entscheidung fällt im Januar, weil ab Februar, März die kompletten Unterlagen für das reguläre Verfahren eingereicht werden müssen.

Das Interview führte Michael Meyer.

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