Aus dem GERICHTSSAAL: 2700 Euro teure Tour
20-fach Vorbestrafte ohne Fahrerlaubnis ertappt
Stand:
„Herr Vorsitzender, ich bereue zutiefst“, beteuert Hilde H.* (60) zu Prozessbeginn. „Ich hätte nicht fahren dürfen. Aber es war ein Notfall.“
Die Angeklagte weiß, wie man sich vor Gericht zu verhalten hat. Schon zwanzigmal saß sie auf der Anklagebank. Die kriminelle Karriere der Potsdamerin begann bereits 1960. Da hieß Hilde noch Heinz*, machte durch zahlreiche Betrügereien auf sich aufmerksam. Kaum öffneten sich die Gefängnistore, musste sich die Justiz erneut mit Heinz H. beschäftigen. Der war sicher, im falschen Körper zu stecken. Hätte sich erst sein lang gehegter Wunsch erfüllt, eine Frau zu sein, wäre auch Schluss mit den Straftaten.
Doch so ganz klappte es mit den guten Vorsätzen nicht. Auch Hilde kollidierte mehrfach wegen Betruges mit dem Gesetz. Außerdem nennt ihr Bundeszentralregisterauszug Amtsanmaßung und Fahren ohne Fahrerlaubnis.
Obwohl ihr noch nie ein Führerschein erteilt wurde, war die Sicherheitsmitarbeiterin am 12. April dieses Jahres erneut mit dem Auto unterwegs – und wurde prompt erwischt. Jetzt musste sie sich im beschleunigten Verfahren vor dem Amtsgericht verantworten.
„An dem bewussten Tag wollte mein Lebensgefährte sein Auto bei der Behörde ummelden, da wir umgezogen sind“, so Hilde H. „Es war ein sehr heißer Tag. Daran kann ich mich noch genau erinnern. Mein Partner bekam plötzlich Probleme mit dem Kreislauf. Ihm wurde furchtbar schlecht. Ich wollte ihn wirklich nur schnell zur Ärztin in die Großbeerenstraße fahren“, erzählt die Angeklagte.
„Sie stehen unter zweifacher Bewährung“, gibt Amtsrichter Wolfgang Peters zu bedenken. „Sie wissen doch, dass Sie sich wirklich nichts mehr zuschulden kommen lassen dürfen.“ Hilde H. nickt. Tief im Inneren hofft sie wohl dennoch auf Milde. Beim Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft hat sie gute Karten. Er beantragt, die vielfach Vorbelastete wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro (2700 Euro) zu verurteilen.
„Normalerweise müssten Sie heute mit einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung rausgehen“, betont der Vorsitzende, folgt dann allerdings dem Strafmaß der Staatsanwaltschaft. „Was Sie rettet ist, dass Sie wegen Ihrer Betrugskarriere unter Bewährung stehen, nicht wegen Fahrens ohne Erlaubnis. Eigentlich können Sie drei Kreuze machen.“
„Meine Karriere als Betrügerin ist schon lange beendet, Herr Richter“, versichert Hilde H. mit tiefer Stimme. „Seit gestern habe ich übrigens auch wieder Arbeit. Und die drei Kreuze mache ich wirklich. Dankeschön!“ (*Namen von der Redaktion beendet.) Hoga
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