Landeshauptstadt: 30 Prozent weniger Straftaten am Hauptbahnhof
Petke lobt Videoüberwachung / Scharfenberg: Eingriff in informelle Selbstbestimmung der Bürger
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Als ein „wirksames polizeiliches Einsatzmittel“ bewertet die Landesregierung die Videoüberwachung kriminalitätsgefährdeter Orte. Der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der Linkspartei-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, Hans-Jürgen Scharfenberg, sieht die Videoüberwachung kritisch. Sie habe „nicht viel gebracht“ und sei ein „Eingriff in die informelle Selbstbestimmung der Bürger“. Der mit sechs Kameras am intensivsten überwachte Ort im Land ist der Platz vor dem Potsdamer Hauptbahnhof. Die Testphase begann dort am 21. Dezember 2001 und endet ebenso wie an den anderen Standorten in diesem Jahr.
Wie aus dem Abschlussbericht der Landesregierung an den Landtag hervorgeht, reduzierte sich die Zahl der vor dem Potsdamer Hauptbahnhof registrierten Straftaten seit dem um 30 Prozent. 2004 wurden 164 Straftaten auf dem videoüberwachten Terrain festgestellt, 2001 waren es noch 234. Im ersten Testjahr sank die Zahl sogar auf 113. Bei den Diebstahlsdelikten ging die Zahl zwischen 2001 und 2004 sogar um 40 Prozent zurück, von 129 Fälle 2001 auf 82 Fälle im Jahr 2004.
Wie Sven Petke (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Landtags-Innenausschusses, gestern auf Nachfrage erklärte, werde das Innenministerium den Regierungsfraktionen SPD und CDU die Ergebnisse des Pilotprojekts heute in einer ersten Arbeitskreissitzung präsentieren. Petke fordert, die Videoüberwachung auf eine dauerhafte gesetzliche Grundlage zu stellen. Die jetzige Rechtsgrundlage endet am 23. Dezember 2006. Der Platz vordem Potsdamer Hauptbahnhof, der Platz mit dem höchsten Publikumsverkehr im Land, sei durch die Videoüberwachung „deutlich sicherer gemacht worden“. Auch an den anderen Teststandorten in Erkner, Bernau und Rathenow gebe es laut Petke „dramatische Rückgänge“ der Zahl der Straftaten. Eine Verdrängung der Kriminalität auf nicht videoüberwachte Randbereiche habe es nicht gegeben. Im Abschlussbericht heißt es, die Zahl der Straftaten im angrenzenden Bereich der Videoüberwachung am Potsdamer Bahnhofsvorplatz sank um 60 Prozent – von 1395 registrierten Straftaten im Jahr 2001 auf 588 Delikte im Jahr 2004. Es sei soagr ein „positiver Ausstrahlungseffekt“ anzunehmen.
Scharfenberg liest die Deliktzahlen dagegen anders: Es gebe einen allgemeinen Rückgang der Zahl der Kfz-Diebstähle im Land von 5281 im Jahr 2001 auf 3558 im Jahr 2004 aufgrund besserter Sicherheitstechnik an den Autos. Es sei davon auszugehen, dass der Rückgang der Eigentumsdelikte vor dem Hauptbahnhof eher auf den allgemeinen Rückgang der Kfz-Diebstähle zurück zu führen sei als auf die Videoüberwachung. Angesichts der Kosten von 260000 Euro pro Jahr sieht er die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt. Das Geld wäre besser in Polizistenstellen investiert. Schon jetzt fehle das Personal, die Monitore der Überwachungskameras ständig im Blick zu haben. Tatsächlich heißt es in einem Gutachten, die Videoüberwachung führe nur dann zur Deliktreduktion, wenn „Personal in hinreichendem Maße zur Verfügung steht, um eine möglichst dauerhafte Überwachung der Monitore zu gewährleisten“. Guido Berg
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