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Von Erhart Hohenstein: 45 Jahre Betriebsdirektor Vor 300 Jahren wurde Johann Friedrich Rücker geboren / Grabstein auf Bornstedter Friedhof

Bornstedt - Vor 300 Jahren, am 24. September 1708, wurde Johann Friedrich Rücker „zu Münster im Gregorienthal“, also im Oberelsaß, geboren.

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Bornstedt - Vor 300 Jahren, am 24. September 1708, wurde Johann Friedrich Rücker „zu Münster im Gregorienthal“, also im Oberelsaß, geboren. Rücker sollte eine wichtige Rolle in der Potsdamer Stadtgeschichte spielen, das Rückersche Grabdenkmal auf dem Friedhof Bornstedt gilt daher als historisch und künstlerisch wertvoll. Ende der 1990er Jahre wurde es durch den Bildhauer Rudolf Böhm restauriert. Am Sonntag, dem 5. Oktober, öffnet der Friedhof seine Pforten zu einem Informationstag (siehe Kasten).

Rücker kam wahrscheinlich Anfang der 1730er Jahre in die preußische Residenz, wo der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. 1722 eine Gewehrfabrik gegründet hatte. Dafür wurden Fachkräfte vornehmlich aus dem belgischen Lüttich, aber auch aus deutschen Zentren der Waffenproduktion angeworben. In Potsdam machte Rücker eine steile Karriere. 1740, als Friedrich II. den Thron bestieg, wurde er zum Direktor der Gewehrfabrik bestellt und blieb es bis 1785, als er 76-jährig starb. Damit leitete er nicht weniger als 45 Jahre lang die größte und wichtigste Manufaktur der Stadt, die sich auf dem heute vom Innenministerium genutzten Gelände südlich der Priesterstraße (Henning-von- Tres ckow-Straße) bis zum Lustgartenwall hinzog.

Die Werkstätten lagen in eingeschossigen Gebäuden auf dem Hof. Dazu kamen drei zweigeschossige Blocks mit kleinen Zweiraumwohnungen für die 200 angeworbenen Arbeiter und ihre Familien, insgesamt 517 Personen. Dieses sehr frühe Beispiel einer „Werksiedlung“ erhielt eine katholische Kirche, da die Lütticher dieser Konfession angehörten. Nicht zuletzt wurde an der Ecke Breite Straße/An der Gewehrfabrik (heute Hoffbauerstraße) ein Haus für den königlichen Kommissar und den Direktor errichtet. Hier wohnte später auch Rücker. 1755/56 ließ Friedrich der Große das Gebäude durch den Baumeister Johann Gottfried Büring (von ihm stammt auch das Chinesische Teehaus) in repräsentativer Form erneuern. Bekannt wurde es durch den umlaufenden Fries aus Widderschädeln als Zeichen der Wehrhaftigkeit. In Verkennung der Tierart nannten es die Potsdamer „Ochsenkopfhaus“. 1945 beschädigt, wurde es 1960 durch einen Neubau ersetzt, an dessen Fassade „Ochsenköpfe“ an die Geschichte des Hauses erinnern.

Johann Friedrich Rücker musste aber nicht nur den Neubau des Direktionsgebäudes über sich ergehen lassen. Im Siebenjährigen Krieg besetzten österreichische Truppen 1760 kurzzeitig Potsdam und richteten in der Gewehrfabrik schwere Schäden an. Auch deshalb entschloss sich der Alte Fritz, ab 1776 die Gebäude in Massivbauweise neu aufführen zu lassen, dabei wurden die Wohnblocks durch Viergeschosser ersetzt. Neben der Meisterung der Bauaufgaben stand Rücker unter dem Druck seiner Arbeitgeber und des Königs, die Waffenproduktion ständig zu vergrößern und technisch weiterzuentwickeln. Zudem hing vom kaufmännischen Erfolg der Gewehrfabrik die Existenz von Dutzenden Potsdamer Handwerksbetriebe ab, die als Zulieferer tätig waren. Dass Rücker diese Verantwortung über viereinhalb Jahrzehnte meisterte, ist bewundernswert, hatte er doch nach 14-jähriger Ehe im März 1756 seine Ehefrau Dorothee Charlotte verloren, die nur 33 Jahre alt wurde. Damit war Rücker zum alleinerziehenden Vater seiner fünf Kinder geworden, von denen zwei frühzeitig starben. Der Grabstein bescheinigt Dorothee einen „vergnügten Ehestand“. Rücker überlebte seine Frau um fast 30 Jahre und wurde neben ihr auf dem Bornstedter Friedhof beigesetzt. Sein Grabmal hat sich bis heute erhalten. Die Grabtafel ist beidseitig beschriftet, was auch wegen der langen Zeitraums zwischen beiden Bestattungen außergewöhnlich war. Die heutige Rückseite ist Dorothee Charlotte Rücker gewidmet und entspricht in der Formulierung der Inschrift und der Gestaltung mit Stundenglas und Fledermausflügeln als Todessymbolen sowie Rosenblüten als Verheißung ewigen Lebens der zu Ende gehen Barockzeit.

Erhart Hohenstein

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