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Landeshauptstadt: 5000 Tonnen toxischer Cocktail

Belastete Sedimente aus Tiefen See werden abgebaggert / Greenpeace: Arbeiten könnten Giftstoffe freisetzen

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Belastete Sedimente aus Tiefen See werden abgebaggert / Greenpeace: Arbeiten könnten Giftstoffe freisetzen 5000 Tonnen Schlamm aus dem Tiefen See werden in den nächsten vier Wochen ausgebaggert, in Behältern zwischen gelagert und später entsorgt. Grund dafür: das Schlacke-Gemisch vom Grund des Havelgewässers ist mit Giftstoffen aus Zeiten der früheren Kokerei an der Schiffbauergasse versehen. Seit knapp vier Jahren weisen Mitglieder von Greenpeace auf den toxischen Cocktail vor dem Kultur- und Gewerbestandort Schiffbauergasse hin, nun soll der See gereinigt werden. Für Verwunderung sorgte jedoch die Art und Weise der Sanierung: denn nach einer Information der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, die im Vorjahr ein Ankerverbot an den betroffenen Stellen aussprach, würden die belasteten Sedimente womöglich freigesetzt, wenn eine „Störung der Lagerverhältnisse des Bodens“ auftritt. Der Mix aus polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen, den Mitglieder der Organisation Greenpeace im Juli 2001 aus dem See fischten, hat krebserregende Wirkung. Das Ergebnis bestätigte damals auch Prof. Wolfgang Bechmann von der Universität Potsdam, der die Analyse der Bodenprobe durchführte. Vor allem das bei der Verkokung von Steinkohle anfallende weiße, aus stark riechenden Kristallen bestehende Naphthalin soll laut der Analyse mit 3700 Milligramm auf ein Kilogramm des toxischen Sedimentes überproportional stark eingelagert sein. Grenzwerte gibt es dafür nach Auskunft des Potsdamer Greenpeace-Sprechers Conrad Jackisch aber nicht. Zwar ist die Qualität des Wasser mit Grenzwerten genormt und auch die Beschaffenheit des Seeschlamms, aber eine Verordnung für Sedimentschichten gebe es nicht. Für die ausführende Berliner Wasserbaufirma besteht jedoch kein Anlass zur Sorge. Die Arbeiter würden gemäß dem Arbeitsschutz arbeiten und genau wissen, an welchen Stellen die verunreinigten Schichten zu finden sind. Das Gebiet wurde zuvor vermessen. Mit einem Bagger will die Firma Ernst Meyer, die zwischen 1995 und 1999 auch den Teltowkanal teilweise entschlammt hat, die toxischen Sedimente an die Oberfläche befördern. Diese Schichten seien zwischen 20 Zentimeter und bis zu zwei Meter dick. Die Potsdamer Stadtverwaltung bezeichnete die Arbeiten als Dekontaminierungsmaßnahmen. Deswegen könnte es im unmittelbaren Umfeld zu Geruchsbelästigungen kommen. Welche Auswirkungen die Entnahme auf Fische oder Wasserqualität hat, bleibt nach PNN-Informationen abzuwarten. Conrad Jackisch befürchtet, dass die Entnahme mit der Baggerschaufel das toxische Stoffgemisch aufwirbeln und es dadurch in den Nahrungskreislauf von Fisch und Mensch geraten könnte. Bei einer Untersuchung von Fischen im Auftrag der Umweltorganisation hat sich dieser Verdacht jedoch nicht erhärtet. Greenpeace hat mit der Belagerung des Sees im Juni 2002 auf die Situation aufmerksam gemacht, als sie vier Wochen auf einem Floss Mahnwache hielten. Zwei Jahre später wird deren Forderung nach einer Sanierung Rechnung getragen.

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