Aus dem GERICHTSSAAL: 69 000 Euro für drei Minuten Arbeit?
„Er wusste gar nicht, was er unterschrieb“ – Streit um Maklerprovision für Grundstück in der Bertinistraße
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Nauener Vorstadt - Der Verkauf eines Grundstückes in der Bertinistraße beschäftigt zum dritten Mal ein Gericht. Nun ist das Potsdamer Amtsgericht am Zug, es geht um die Frage, ob Immobilienmaklerin Maria M.* in einem vorhergehenden Verfahren falsch aussagte. Hat sie dem Immobilienkäufer Thomas S.* nun genau erklärt, was er da im April 2007 unterschrieb oder hat sie nicht? Thomas S. sagt, er habe sich eigentlich mit dem Eigentümer des für 850 000 Euro angebotenen Grundstücks getroffen und Maria M. sei nur für zwei oder drei Minuten aufgetaucht. Es wurde Smalltalk geführt, dann sagte Maria S., er möge doch mal eben ein Papier unterschreiben, einen Objektnachweis für ihren Chef, damit der nicht denke, sie sei in der Eisdiele gewesen statt auf dem Grundstück. Thomas S. unterschrieb – dass das Wort „Maklervertrag“ über dem Schriftstück stand, sah er nicht, da es, wie er vorgibt, durch die Maklerin abgedeckt wurde. Tatsächlich kaufte Schmidt das 4000-Quadratmeter-Grundstück von dem Eigentümer Rüdiger B.*, von der Landesbausparkasse (LBS), für die Maria M. tätig ist, flatterte eine Rechnung über 69 000 Euro ins Haus. 7,14 Prozent vom Kaufpreis, so hoch ist die Maklerprovision. Thomas S. verweigerte die Zahlung; er argumentiert, für so ein großes Grundstück hätte er höchstens 3,5 Prozent bezahlt. Die am Potsdamer Luftschiffhafen ansässige LBS klagte, gewann zunächst vor dem Potsdamer Landgericht, verlor aber in der nächsten Instanz, dem Oberlandesgericht Brandenburg/Havel. Vor dem Landgericht hatte Maria M. ausgesagt, mit Thomas S. den Maklervertrag ausführlich besprochen zu haben. Gegen diese Aussage klagt Thomas S. und die Richterin stellt fest, so werde sie den Fall damit zum dritten Mal entscheiden müssen. „Ich will es einfach nur verstehen“, sagt sie mehrmals, und daher muss Maria M. über Details ihrer Arbeit berichten. Sie sei freie Handelsvertreterin bei der Sparkasse, „eine Ein-Firma-Handelsvertreterin?“, fragte die Richterin und Maria S. bejahte: „Ich darf nicht für andere Firmen arbeiten.“ Kommentar der Richterin: „Interessant.“ Potentielle Käufer von Immobilien wendeteten sich an die Sparkasse, die dann die Interessenten an die Handelsvertreter weiterleiteten. Die Sparkasse betreibe lediglich ein „Back-Office“ am Luisenplatz, dort würden durch vier feste Mitarbeiter die Exposés erstellt. „Wir sind für den Verkauf zuständig.“ Eigene Grundstücke habe die Sparkasse nicht, diese sei nur Maklerin. „Und bedient sich ihrer als Sub-Maklerin, als Unter-Maklerin?“, fragte die Richterin. Maria M. bejahte. Die LBS teilte gestern mit, es gebe keinen Handelsvertreter-Vertrag mit der Frau.
Thomas S. sagte aus, er habe gewusst, eine Provision zahlen zu müssen. Doch Maria M. habe gesagt, das „können wir auch später machen“. Da Thomas S. auch eine Finanzierung seines Immobilienkaufes wünschte, habe Maria M. gesagt, die Sparkasse könne pro 100 000 Euro, die er über die Sparkasse finanziere, einen Prozentpunkt bei der Provision nachlassen. Thomas S.: „Heute weiß ich, dass das ein unzulässiges Koppelgeschäft wäre.“
Bedeutung könnte die Aussage des Verkäufers Rüdiger B. zukommen. Dieser sagte, Maria M. habe von Thomas S. die Unterschrift auf einem „Nachweis“ verlangt. Thomas S. habe noch gefragt: „Das ist aber kein Maklervertrag?“, worauf Maria M. gesagt habe: „Darüber reden wir später.“ Rüdiger B.: „Er wusste gar nicht, was er unterschrieb.“ Die Verteidiger von Maria M. beantragten daraufhin das Hören eines Zeugen, dessen Aussage geeignet sei, die Glaubwürdigkeit von Rüdiger B. in Zweifel zu ziehen. Im November wird die Verhandlung fortgesetzt. Guido Berg
* Namen von der Redaktion geändert
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