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Landeshauptstadt: 90 Meter bis zur Mülltonne

Bürgerversammlung zum Streit um Müllentsorgung in Gontard- und Forststraße / Wirtschaftsweg zu schmal für neue Step-Fahrzeuge

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Brandenburger Vorstadt – Wenn es nach der Stadtentsorgung Potsdam (Step) geht, müssen die achtzig Anwohner in der Forst- und Gontardstraße künftig ihren Müll 25 bis 90 Meter weit schleppen, damit er abgeholt werden kann. Und das, obwohl die Müllentsorgung jahrzehntelang über einen Wirtschaftsweg der Siedlung möglich war. Grund für die Änderung, welche die meisten Bürger als Zumutung empfinden, ist laut einem Schreiben der Step vom 21. November die „Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften“.

Aufgrund der Proteste der Bürger sahen sich Step und Stadtverwaltung gezwungen, am Montagabend auf einer Einwohnerversammlung Stellung zu beziehen. Fachbereichsleiter Andreas Ernst und Step-Geschäftsführer Enrico Munder wollten den etwa sechzig Anwesenden mit Postern und einer Slide-Show die neuen Entsorgungsvarianten schmackhaft machen. Doch die Betroffenen protestierten. Sie sind empört über den Umgang der Verwaltung mit ihnen. Alle Varianten laufen darauf hinaus, dass sie die Müllbehälter für die Step über lange Wege transportieren müssen, entweder zum Straßenrand oder zu Sammelstellen, was insbesondere für älteren Menschen schwer beziehungsweise unmöglich ist. Die für die Müllentsorgung Verantwortlichen argumentieren, dass der Wirtschaftsweg nur 2,80 Meter breit sei, die Spiegel der Fahrzeuge abgeklappt werden müssten und Mitarbeiter auf vielfache Weise („bis zum Tod“) gefährdet seien. Die Argumente sind nach Meinung der Bewohner nicht stichhaltig, nicht einmal die Breite des Weges sei richtig. „Ich habe heute Morgen gemessen, es sind 3,20 Meter“, verkündete ein Bewohner.

Bereichsleiter Dieter Bolze nennt den wahren Grund für die beabsichtigte Änderung: Neun große Müllfahrzeuge schaffen es, den Hausmüll der 140 000 Einwohner Potsdams wirtschaftlich vertretbar abzufahren, jede Variation dieses rationellen Transportes verursache zusätzliche Kosten. Bolze: „Die Step ist doch keine karitative Einrichtung“. Die Anwohner hingegen verlangen, dass zur Entsorgung in den engeren Straßen ein kleineres Müllfahrzeug eingesetzt werde. Jürgen Saupe fordert für die „Interessengemeinschaft Bürger Gontardstraße“, noch einmal gründlich zu prüfen, ob die gegenwärtige Praxis der Müllabfuhr beizubehalten ist. Wenn nicht, müsse ein kleineres Fahrzeug die Entsorgung übernehmen, notfalls mit Hilfe eines Subunternehmers. Und wenn alle Stränge reißen, kündigt Saupe an, dass die Bewohner selbst ein anderes Unternehmen engagieren würden.

Am Ende der zweistündigen Bürgerversammlung war guter Rat teuer. Die Stadt kam mit ihren Vorschlägen nicht durch, wollte oder konnte aber dem Bürgerwillen nicht nachgeben. Fachbereichsleiter Andreas Ernst vertagte daher die Entscheidung: „Wir wollen noch mal alles prüfen und dann auf die Anwohner zukommen.“ Wie das geschehen soll, bleibt offen. Auf jeden Fall muss schnell eine Entscheidung her, denn die Step drängt auf das neue Entsorgungsverfahren ab dem 18. Dezember. Nicht einmal zu einem Moratorium bis zur Einigung mit den Anwohnern konnten sich Step und Stadtverwaltung durchringen. Günter Schenke

Günter Schenke

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