Landeshauptstadt: 950 Garagen gesichert
Für die übrigen 2000 könnte in den nächsten Jahren das große Abräumen beginnen
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Der Countdown läuft: Am 1. Januar 2007 sehen sich die Garagenbesitzer, die auf fremdem Grund gebaut haben, einer veränderten rechtlichen Situation gegenüber. Dann greift die neue Stufe des Schuldrechtsanpassungsgesetzes. Die Besitzer können gekündigt werden, müssten die Grundstücke räumen, im Extremfall auf die ohnehin geringe Entschädigung verzichten und die Hälfte der Abrisskosten tragen. Dies betrifft einen Großteil der etwa 3000 Garagen, deren Besitzer sich in Vereinen oder Gemeinschaften zusammengeschlossen haben. Hinzu kommt eine unbekannte Anzahl von Nutzern mit Einzelverträgen.
Dem 2001 als Interessenvertretung gegründeten Garagenbeirat, dem mehr als 20 Garagenvereine oder -gemeinschaften angehören, ist es immerhin gelungen, für rund 950 Garagen den Abriss abzuwenden. Im Stadtteil Am Stern haben drei Vereine entlang der Nuthestraße, dazu ein weiterer in der Waldstadt II, die von ihnen genutzten Grundstücke gekauft. Für „Stern IX“ stehen die Kaufverhandlungen vor dem Abschluss.
In den wenigen Wochen bis zum Stichtag weitere Standorte zu sichern, wird dem Garagenbeirat aber wohl nicht gelingen, schätzt dessen 1. Sprecher Hans Henker realistisch ein. Vor allem für Flächen, die sich für eine Bebauung eignen, favorisieren die Eigentümer Pro Potsdam und ihre Tochter Polo Entwicklungs-Gesellschaft bzw. die Stadt mit ihrem Kommunalen Immobilienservice (KIS) den Verkauf an Investoren Das betrifft unter anderem das große Garagengelände am Baggersee, wo eine kleinteilige Wohnbebauung angedacht ist. Einer der dortigen Vereine mit 260 Mitgliedern gehört dem Beirat an. Es sei jedoch nicht gelungen, die übrigen knapp 600 Garagenbesitzer zu mobilisieren, bedauert Henker.
Unklar ist der Erhalt der etwa 320 Garagen in Potsdam-West. Nach jahrelangem Hin und Her gab es einige Angebote des Eigentümers. Für einen Kauf müssten rund 3000 Euro aufgebracht werden, auch ein Erbbaupachtvertrag brächte höhere Belastungen. Zudem bestände ein Rückkaufrecht der Stadt wegen „höherer Interessen. Während ein Verein zu 100 Prozent kaufwillig ist und dies der Polo signalisierte, erreicht diese Quote bei den anderen drei nicht einmal 50 Prozent. Eine Grundstücksteilung des Geländes könnte wenigstens dem kaufwilligen Verein die Garagen sichern.
Wenn mit dem neuen Jahr die Gesetzesänderung wirksam wird, müssen die Garagenbesitzer allerdings nicht mit sofortiger Kündigung rechnen. Die Stadtverwaltung will die bisherigen Verträge vorerst fortsetzen, denn sie braucht etwa zwei Jahre, um den Verkauf der Gelände vorzubereiten. Zuerst wird es wohl 2008 oder 2009 das Gelände am Baggersee treffen. Bei einem Verkauf können die Garagenvereine mitbieten. Ihnen werden aber wenig Chancen eingeräumt, zumal die im Masterplan formulierten stadtplanerischen Absichten Priorität besitzen. Dies gilt auch für Standorte u.a. an der Templiner Straße, der Burgstraße und am Patrizierweg/Gluckstraße.
Henker kündigt an, dass der Beirat die zweijährige „Galgenfrist“ nutzen will, um weitere Garagenflächen zu sichern. Dies setze eine enge Zusammenarbeit mit den Vereinen und Besitzern voraus. Politisch würden sie lediglich durch die Fraktion der Linkspartei/PDS unterstützt. Neuerdings zeige auch die SPD-Fraktion ein gewisses Interesse an dem Problem. Man wisse aber noch nicht, mit welcher Zielrichtung, erklärte Henker. Ansonsten werde die drohende Vertreibung der Besitzer, die „die Garagen auf eigene Kosten und mit eigener Hände Arbeit errichtet“ haben, von den Stadtverordneten nicht als soziales Problem anerkannt. Zudem sieht der Beiratssprecher große Probleme auf den ruhenden Verkehr zukommen. Wenn noch einmal zusätzlich die Autos von bis zu 2000 Potsdamern an den Straßenrand gedrängt würden, wären Parknot und Parkchaos kaum noch beherrschbar. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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