Sanierung der Potsdamer Schlösser: Ab 2015 sprudelt wieder der Städtebrunnen
Baustelle Schloss Babelsberg: Eine Besucherführung lenkte den Blick auf den „Höhepunkt der Neugotik“.
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Projektmanager Max Daiber warnt: „Das Gerüst ist wie ein Labyrinth.“ Doch keiner der zahlreichen Besucher ließ sich bei der öffentlichen Führung am Sonntag abschrecken, die schmalen Treppen hinaufzusteigen, um einen Blick auf das zerklüftete Dach mit seinen Zinnen und Turmspitzen zu werfen. Hier oben erst wird manchem klar: Das ist eine Riesenbaustelle, die viel, viel Geld kostet. „Die Aufgabe ist mindestens genauso schwer, wie einen Flughafen zu bauen“, hatte Generalplaner Achim Krekeler auf einer Lagebesprechung vor einem Jahr angekündigt. Dort wie hier reicht das Geld nicht.
9,7 Millionen Euro stehen aus dem Rettungspaket für die preußischen Welterbe-Stätten für das Schloss Babelsberg zur Verfügung. Das ist eine Riesensumme, doch Daiber sagt: „Das Budget reicht nicht für solch ein Haus.“ Der Bedarf liege nach seiner Schätzung bei 30 Millionen Euro. Im Frühjahr 2015 solle wenigstens die Fassade wiederhergestellt sein. Zwei Drittel der Gelder werden für die Mauern, Dächer und Fenster verbaut und der Rest für die unmittelbare Umgebung wie die Terrassen. Daiber zeigt ein historisches Foto des kunstvollen Städtebrunnens auf der Schlossterrasse. Er kündigt an, dass dieser 2015 wieder funktionieren solle. Mit diesem Brunnen zeigten sich die Kölner Handwerksmeister einst beim Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. erkenntlich, weil dieser sich für die Vollendung des Kölner Doms engagiert hatte. Dem Brunnen fehlt derzeit die zentrale Figur des Dombaumeisters Gerhardt van Ryle. Dank einer privaten Spende könne das Bildwerk kopiert und wieder aufgestellt werden.
Mit der Restaurierung der Außenhülle dürfte in zwei Jahren zwar viel gewonnen sein, doch ob dann weitere Mittel für das Innere mit seinen 98 Räumen zu beschaffen sind, steht in den Sternen.
Die Inneneinrichtung des Schlosses war bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges im Wesentlichen unversehrt. Wie Max Daiber auf der Führung berichtete, waren während der Potsdamer Konferenz hier Offiziere einquartiert, welche das Mobilar verheizt und die Einrichtung zerschlagen hätten. Sehenswert sei auf jeden Fall der Tanzsaal im sogenannten Octagon, nach Meinung des Architekten „ein Höhepunkt der Neugotik“. Ludwig Persius hatte das Kunstwerk gestaltet, als er die Bauleitung des Schlosses nach dem Tod Karl Friedrich Schinkels im Jahre 1841 übernommen hatte. Nach Persius, der 1845 starb, vollendete Johann Heinrich Strack den Bau. Der klassische Stil der Schinkel-Schule sei später verwässert worden, sagt Daiber. Wenigstens der Wohnbereich des Kronprinzenpaares Wilhelm und Augusta solle nach den derzeitigen Vorstellungen der Schlösserstiftung für die Öffentlichkeit irgendwann wieder zugänglich werden.
Nach dem Tode Wilhelms I. wollte niemand in das Schloss einziehen, sagt der Baumanager. Wilhelm II. habe später den Plan gehabt, einen Teil des Schlosses zu erweitern, gleichsam zu spiegeln. Aus diesem Grunde ließ er den Babelsberg an einer Seite abtragen. Daiber: „Ich bin froh darüber, denn auf der freien Fläche konnten wir unsere Baustelleneinrichtung unterbringen.“
Nach 1945 fristete das Schloss, das einst Sommersitz des deutsche Kaisers und nach der Monarchie Schlossmuseum war, als Baudenkmal ein Schattendasein. Die DDR hatte hier zunächst eine Richterschule, aus der die Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft hervorging, untergebracht. Anschließend nutzte die Deutsche Hochschule für Filmkunst das Schloss und schließlich war es bis Ende der 1990er-Jahre Sitz des öffentlich zugänglichen Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam.
Die Topografie des verwinkelten Bauwerkes, das noch nie restauriert wurde, stellt nach Meinung der Fachleute heute besonders hohe Anforderungen. Für die Kupfer-, Zink- und Bronzearbeiten sind 14 Metallgewerke tätig. Eine große Zahl von Fenstern, jedes einzelne mit eigener Schadensdiagnose, ist in den originalen Zustand zu versetzen sowie hundert Meter lange Gusseisenbrüstungen an den Terrassen wiederherzustellen. Auf den Dächern geht es neben Zimmerarbeiten um Holzschutz-Dekontamination und am gesamten Bau um die äußert aufwendige Restaurierung des Mauerwerks. Außerdem muss das Gebäude, das laut Daiber im Winter nicht betrieben werden solle, den aktuellen energetischen Anforderungen genügen.
Die politisch-historische Bedeutung von Schloss Babelsberg hatte der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Hartmut Dorgerloh, vor einem Jahr wie folgt charakterisiert: „Schloss Babelsberg ist wie kein zweites Ausdruck der Epoche Wilhelms I. und des Aufstieges des Reiches zu imperialer Größe.“
Günter Schenke
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