Aus dem GERICHTSSAAL: Abführmittel gestohlen?
Angeklagter Polizist bestreitet den Tatvorwurf
Stand:
Als sich im Spätherbst 2006 die Einbrüche in Arztpraxen häuften, war die Operative Fahndungsgruppe der Polizei gefragt. Die Beamten observierten nachts verschiedene Einrichtungen, um den Tätern auf die Spur zu kommen. Sven S.* (35) beispielsweise war zwischen dem 21. und 23. November mit zwei Kollegen in einem Ärztehaus in der Kurfürstenstraße eingesetzt. Doch nichts passierte, die Stunden dehnten sich wie Gummi. Das Trio flachste herum, stellte sich vor, was es täte, würde es als Mediziner in diesen Räumen arbeiten. Ein radikal wirkendes Abführmittel in einem Regal soll es Sven S. besonders angetan haben. Laut Anklage steckte der Polizeibeamte das Medikament im Wert von 16,87 Euro klammheimlich in seinen Rucksack. Gestern saß der Staatsdiener wegen Diebstahls auf der Anklagebank.
Der werdende Vater bestritt den Tatvorwurf, wurde allerdings von seinem Kollegen Peer P.* (33) schwer belastet. „Wir haben das Medikament in die Hand genommen und gelesen, wie es wirkt. Sven hat gesagt, er will eine Packung mitnehmen. Er hat sich vorgestellt, was passiert, wenn er das Zeug jemandem in den Kaffee schüttet“, berichtete der Zeuge. „Ich sagte ihm, er soll das lassen. Die Dinger sind bestimmt abgezählt.“ Doch der Angeklagte sei von seiner Idee begeistert gewesen. „Da bin ich rausgegangen. Ich wollte damit nichts zu tun haben. Ich bin bei uns sowieso schon als Moralapostel verschrien, weil ich verschiedene Dinge angeprangert habe. “ Nach Dienstschluss habe Sven S. im Aufenthaltsraum der Wache seinen Rucksack geöffnet und das Abführmittel demonstrativ auf den Tisch geworfen, so Peer P.
„Sollten Polizeibeamte nicht von Berufs wegen Moralapostel sein?“, wunderte sich Amtsrichter Francois Eckardt. Dann rief er den Arzt, in dessen Praxis der Diebstahl erfolgte, in den Zeugenstand. Dieser erklärte, er habe nicht gemerkt, dass das Medikament am nächsten Tag fehlte. Buch werde nur über Betäubungsmittel geführt. Bei dem Diebesgut handle es sich um ein ganz normales, allerdings prompt wirkendes, Abführmittel, das in Flüssigkeit gelöst werden müsse.
Der Verteidiger beantragte die Vernehmung weiterer Kollegen des Angeklagten, die sich an dem betreffenden Morgen im Aufenthaltsraum der Polizeiwache aufhielten und die Unschuld seines Mandanten belegen sollen. So wurde die Verhandlung auf den 21. April vertagt. Dann soll auch das Urteil gesprochen werden. (*Namen geändert.) Hoga
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