Landeshauptstadt: Abschied unter Tränen
Zurück in Deutschland: Die Potsdamerin Josefine Markarian zieht ein Resümee über ihr knappes Jahr in China
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Unsere Autorin, die 14-jährige Josefine Markarian aus Potsdam, hat mit ihren Eltern und Geschwistern ein knappes Jahr lang in China gelebt und darüber in loser Serie berichtet. Nun ist sie wieder zurück in Deutschland: Ein letzter Blick ins Reich der Mitte.
Unser Aufenthalt in China hat sich überraschend um zwei Monate verkürzt. Eine Menge Gedanken gehen mir durch den Kopf. Was ich wohl am meisten vermissen werde? Sicher die Offenheit der Menschen. Und natürlich auch das subtropische Klima. Und die vielfältige Kost der Chinesen, mit der ich mich so gut angefreundet habe. Und wie wird Deutschland wohl jetzt für mich sein? Wir werden uns wieder auf deutsche Gewohnheiten einstellen müssen. Das heißt Ampeln benutzen, zu reagieren wenn jemand hupt, deutsch sprechen. Alles wird wieder zehnmal teurer sein. Und das Wetter wird bestimmt auch etwas kühler.
Aber ich werde meine Freunde wieder sehen. Mit denen hatte ich in den vergangenen acht Monaten kaum Kontakt. Für sie ist mein Leben hier kaum nachvollziehbar, sie können es sich schwer vorstellen. Natürlich lässt da das Interesse nach. Oft bekam ich kurze Nachrichten von Freunden, die etwa lauteten: „Na, wie ist China so?“ Auf solche „globalen“ Fragen kann man nur sehr schwer antworten
Nicht nur dies war schwer in den vergangenen Monaten. Die einzigen Menschen, mit denen ich mich unterhalten konnte, waren meine Familienmitglieder. Gleichzeitig konnte man sich nie ganz zurückziehen. Ich bin aber in einem Alter, in dem ich lieber etwas mit Freunden als mit Eltern unternehme. Meine Freunde waren aber auf der anderen Seite der Welt.
Der Abschied fällt dennoch nicht leicht. Als ich meiner Klasse erklärte, dass wir in weniger als einer Woche gehen würden, fingen viele an zu weinen. Ich war sehr gerührt. Sie kamen mich nun täglich besuchen, immer mit einem süßen Geschenk, einem Bild oder Pokemonkarten für mich in der Hand. So eine selbstlos hilfsbereite Art ist mir noch nie in Deutschland begegnet.
In einem Jahr habe ich nun dreimal die Wohnung gewechselt. Von Potsdam in die Millionenstadt Tianjin. Und dann für sechs Monate Shangjiang im Süden des Landes. In diesem idyllischen Dorf habe ich mich eingelebt, Freunde gefunden, ein wenig chinesisch gelernt. Es war ein Aufbruch mit vielen Tränen.
Allerdings komme ich anders wieder nach Deutschland, als ich gegangen bin. Ich habe gelernt, flexibler mit meinem Leben umzugehen, gelernt, mich auf andere Kulturen einzustellen. Und ich bin erstaunt, wie sehr es wehtun kann, eine Heimat zu verlassen – und wie schnell man eine neue finden kann.
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