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Landeshauptstadt: Abschlussklasse 1912

Das Jugendparlament Nuthetal wagt den Zeitensprung in die Vergangenheit – mit einem Film

Stand:

Die „Abschlussklasse 1912“ flimmert zehn Minuten. In schwarz-weiß und Charlie-Chaplin-Manier entwerfen darin zehn Jugendliche den Nuthetaler Dorfschulalltag zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Gerade ist der kurze Film fertig produziert worden, das Vorhaben gemanagt haben der Jugendfreizeitverein „Brücke e.V.“ und das Jugendparlament in Nuthetal.

Die Ideengeberin vor Ort war jedoch die zwanzigjährige Juliane, die im Sommer im Jugendparlament den Anstoß gab, sich in diesem Jahr erstmals für das Projekt „Zeitensprünge“ zu bewerben, dass bereits seit 2004 existiert und speziell in den Neuen Bundesländern jedes Jahr die Umsetzung kreativer Ideen Jugendlicher zum Thema Vergangenheit finanziell unterstützt. „Ich wollte mich mehr mit der Geschichte der alten Schule beschäftigen, weil sich hier regelmäßig unser Jugendparlament trifft und weil viele unsere Verwandten und Nachbarn hier selbst noch die Schulbank gedrückt haben, erklärt Juliane ihre Idee für den Kurzfilm.

In den ersten zwei Monaten waren deshalb die jüngeren Teilnehmer des Projekts damit beschäftigt, Zeitzeugen aus dem Ort zu ihren Erinnerungen zum Schulalltag zu befragen. Beim Filmdreh selbst waren dann die 19- bis 22-jährigen Mitglieder des Nuthetaler Jugendparlaments an der Reihe. An einem einzigen Nachmittag stellten sie dabei Uromas schlimmste Schulstunde und Opas beste Streiche so authentisch wie möglich nach. „Dafür hatten wir uns extra Kostüme und Requisiten aus dem Babelsberger Filmfundus besorgt“, erzählt der 22-jährige Ingo, der im Film einen Lausbuben spielt. Ansonsten seien die Bedingungen für die jungen Filmemacher nicht einfach gewesen, weil ihnen zur Beleuchtung des Sets auf der Baustelle der Alten Schule nur eine einzige Stehlampe zur Verfügung gestanden habe. Trotz der dauernden Umbauarbeiten wollten jedoch alle weiter am Ort des Geschehens drehen. „Mit den Klamotten hätte ich mich aber auch sicher nicht raus auf die Straße getraut“, gibt Ingo zu und lacht dabei.

Auch für die 19-jährige Anne-Kathrin, die in der „Abschlussklasse“ Ingos strenge Lehrerin spielt, scheint die Schulvergangenheit trotz des Films noch sehr fremd. „Ich kann nicht verstehen, wie man damals Schläge für ein gutes pädagogisches Mittel halten konnte.“ Sozialarbeiterin Jana Köstel nickt. Sie hat das Kurzfilmteam für den „Brücke e.V.“ betreut. Und wie die Jugendlichen selbst sei auch sie oft mehr als überrascht von den verschütteten Geschichten gewesen, die während der Recherchen bekannt wurden. So sei es nach dem 2. Weltkrieg beispielsweise normal gewesen, dass Kinder nicht zum Unterricht erscheinen konnten, weil ihr einziges Paar Schuhe kaputt war. „Die Schüler mussten ihr eigenes Geschirr mit in die Schule bringen.“ Die „Abschlussklasse 1912“ soll Anfang kommenden Jahres auch öffentlich gezeigt werden. Anja Garbe

Anja GarbeD

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