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POSITIONEN: Abwägung statt Vorfestlegung zur Havelspange

Eine Chance auf Konsens gab es nie – wie Politik versagen kann Von Manfred Menning

Stand:

Die „Arbeitsgemeinschaft Integriertes Verkehrskonzept Potsdam – Potsdam-Mittelmark“ des Landkreises Potsdam-Mittelmark und der Stadt Potsdam wird sich heute selbst in den einstweiligen Ruhestand versetzen. Leider war sie durch Geburtsfehler von Anfang an zum Scheitern verurteilt, folgerichtig entstand auch kein greifbares Resultat.

Der erste Geburtsfehler waren Vorfestlegungen einiger Umlandgemeinden gegen die Havelspange, dem Kernstück des Konzepts, nämlich gegen den dritten Havelübergang fernab des Stadtzentrums. So gab es keine hinreichende Abwägung des Für und Wider der Spange. Die Sitzungen standen zudem unter dem Damoklesschwert, dass das 1996 eingeleitete und 1998 ausgesetzte Raumordnungsverfahren „Netzverknüpfung“ jederzeit wieder aufgenommen werden konnte. Unterdessen ist das Verfahren nach zehn Jahren zwar endgültig eingestellt worden, doch die Argumente gegen die Netzverknüpfung werden auch gegen die viel kleinere Havelspange verwendet.

Der zweite Geburtsfehler waren Vorfestlegungen einiger Abgeordneter von Gemeindevertretungen sowie des Landtags- und des Bundestags gegen die Havelspange im Vorfeld von Wahlen.

Der dritte Geburtsfehler war die scheinheilige Ankündigung verantwortlicher Politiker und des Verkehrsministeriums, dass man das Projekt nur weiter verfolgen würde, sofern sich die Vertreter des Landkreises und der Stadt einvernehmlich einigen könnten. Scheinheilig, weil von vornherein klar war, dass die Interessen unterschiedlich waren und auch bleiben würden. Denn kann man z.B. von Personen, die persönliche Nachteile von der Havelspange erwarten, annehmen, dass sie ihr trotzdem zustimmen? Oder sollen gar Gemeindevertreter gegen die Vorfestlegung ihrer Gemeinde votieren?

Der vierte Geburtsfehler waren fehlende Daten aus dem Landkreis, ohne die kein „Integriertes Verkehrskonzept“ zu erstellen ist. Dazu kam noch die dreiste Ankündigung, dass es für ein Konzept vom Landkreis kein Geld geben werde.

Der fünfte Geburtsfehler war die gezielte Verknüpfung von Havelspange und „Integriertem Verkehrskonzept“. Ein Integriertes Verkehrskonzept war von vornherein nicht zu schaffen und das gewollte Vehikel gegen die innenstadtferne Havelspange als dritten Havelübergang. Ein Integriertes Verkehrskonzept ist gar nicht zwingend, um über die Havelspange zu entscheiden. Und es ist auch nicht notwendig, dass Vertreter aus gar nicht betroffenen Gemeinden ihre Argumente gegen die überholte Netzverknüpfung in der AG wieder und wieder vorbringen. Für die notwendige politische Entscheidung reicht allein logisches Abwägen der bekannten Fakten.

Der sechste Geburtsfehler war die fehlende Chancengleichheit in der AG: die Gegner der Havelspange durften mit zwei Vertretern agieren, die Befürworter nur mit einem. Dieses Ungleichgewicht wurde dadurch verstärkt, dass die meisten Redebeiträge aus dem Auditorium von Mitgliedern der „Initiativen gegen die Netzverknüpfung“ kamen, obwohl diese Initiativen durch ihr doppeltes Rederecht ohnehin schon bevorzugt waren.

Die politische Situation ist derzeit vertrackt. Herr Knauer von der Planungsgemeinschaft Havelland-Fläming hat der Arbeitsgemeinschaft eindrucksvoll gezeigt, dass seit 1990 um Potsdam herum viel Verkehrsinfrastruktur geschaffen wurde, in Potsdam selbst erstaunlicherweise so gut wie keine. Vielen ist es offensichtlich zu anstrengend und mit zu viel Risiko verbunden, die Entscheidung über einen dritten Havelübergang fernab der Innenstadt zeitgerecht vorzubereiten. Man wartet lieber vermehrte Staus infolge des Baus von Landtag und Garnisonkirche ab, um das Thema wieder aufzugreifen. Aber die Entscheidung kann und muss schon jetzt sauber vorbereitet und sachgerecht getroffen werden, weil uns ihr Vertagen später nur sehr viel Geld und vermeidbaren Ärger kosten wird. Glaubt wirklich jemand, dass es infolge des Straßenumbaus am Landtag nicht zu vermehrten Staus auf der Langen Brücke, in der Breiten Straße und in der Zeppelinstraße kommen wird? Unvoreingenommenes Abwägen reicht völlig, um Für und Wider der Havelspange zu analysieren und jetzt zu einer politischen Entscheidung zu kommen. Doch die wird von allzu vielen nicht gewollt bzw. gescheut. Die jetzigen Nebelkerzen helfen zwar einigen kurzfristig, schaden uns aber langfristig allen.

Manfred Menning ist Sprecher des Vereins Brandenburger Vorstadt e.V.

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