Landeshauptstadt: Ach, das war Hesse!
Mit Andreas Kitschke auf den Spuren eines vergessenen und wieder entdeckten Architekten
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Mit Andreas Kitschke auf den Spuren eines vergessenen und wieder entdeckten Architekten Im Winkel zwischen Schopenhauerstraße und Hegelallee steht neben dem in der DDR-Zeit als sowjetisches „Haus der Offiziere“ genutzten Konzerthaus ein kleineres gelbes Wohngebäude. An der Gestaltung des Giebels erkannte Andreas Kitschke, dass es von Ludwig Ferdinand Hesse (1795 bis 1876), jenem über Jahrzehnte fast vergessenen Hofarchitekten, stammen könnte. Im Archiv fand er eine Bauzeichnung, die diese Vermutung bestätigte. Früher war das Häuschen von der Straße aus kaum zu sehen, denn es wurde durch die am Kriegsende 1945 von Bomben zerstörte Villa verdeckt, die der „Architekt des Königs“ Ludwig Persius 1837/38 als Wohnhaus für sich erbaut hatte. Dahinter stand zu dieser Zeit ein halb verfallens Fachwerkhaus, das einem Gärtner zur Wohnung diente. Diesen schäbigen Anblick wollte Friedrich Wilhelm IV. seinem Stararchitekten nicht zumuten und gab 2500 Taler für einen durch Hesse entworfenen Neubau. Der wurde allerdings erst nach dem frühen Tod von Persius (1845) fertig, als bereits Hofmarschall Graf Keller die Villa übernommen hatte. Das wieder entdeckte Gärtnerhaus sieht jetzt fast schon wieder so miserabel aus wie sein Fachwerk-Vorgänger aus dem 19. Jahrhundert. Kitschke hat dafür beim Landesdenkmalamt Denkmalschutz beantragt. Das erscheint auch unter dem Gesichtspunkt erforderlich, dass das Gelände entwickelt werden soll. Bei einer Stadtexkursion der URANIA stellte Andreas Kitschke nicht nur die Architektur der von Hesse stammenden Gebäude vor, die unter anderem durch asymmetrische Anordnung der Baukörper, gedrungene niedrige Türme und säulengeteilte Doppelfenster charakterisert wird. Er wusste auch manche Geschichte über die Hausschicksale zu erzählen. Mit einer Forschungsgruppe folgt er seit Jahren den Spuren des Architekten. Dazu hatte Stadtkonservator Andreas Kalesse den Anstoß gegeben und mit Hilfe von Luise I. Hesse, einer Nachfahrin des Baumeisters, eine Dokumentation zusammengetragen. In absehbarer Zeit sollen die Forschungsergebnisse in einem repräsentativen Band veröffentlicht werden. Hesses Werke allein in Potsdam, wo er von 1842 bis 1862 vorwiegend tätig war, sind fast unübersehbar. Weinberg mit Winzerhaus und Triumphtor an der Schopenhauerstraße, der Komplex der Friedenskirche, die Neue Orangerie, das Belvedere auf dem Pfingstberg oder die jetzt wiederhergestellte Kirche auf dem Neuendorfer Anger waren den architekturinteressierten Exkursionsteilnehmern bekannt. An anderen Stationen staunten sie aber doch: Das Grüne Gitter - ach, auch das war Hesse! Und die lange Liste der Wohnhäuser und Villen ist noch schwerer überschaubar, ganz abgesehen davon, dass für manche lediglich der „Verdacht“ auf Hesses Urheberschaft besteht. Sie kann mangels schriftlicher Quellen nicht nachgewiesen werden. Vielleicht hängt ja auch damit zusammen, dass manche seiner Bauten bisher stiefmütterlich behandelt werden. In der Weinbergstraße zeigte Andreas Kitschke Hausnummer für Hausnummer für Hofbeamte und Lakaien errichtete Wohnhäuser, in die bei der Sanierung oft stilwidrig eingegriffen wurde, und mit der Nr. 12 ein groß dimensioniertes Gebäude, an das einst ein dank reicher Heirat sehr vermögender Hilfsprediger der Friedenskirche einen Betsaal anbauen ließ. Hier sind schon mehrere Rettungsversuche gescheitert, und erneut hängt ein Schild „Zu verkaufen“ am rostenden Zaun. Da tröstete es die Exkursanten, dass es andererseits Beispiele gelungener Restaurierung gibt, die die Schönheit Hessescher Bauten neu erschließen. Sie sind als Wohnsitz auch bei Promis gefragt. Als sich die Gruppe um Andreas Kitschke gerade die Gebäude auf dem ehemals dem Hofbildhauer Koch gehörenden Grundstück ansah, fuhr unerkannt der Kaiserurenkel Franz-Friedrich Prinz von Preußen vom Hof ...
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