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Ausgesprochen KAPUSTE: Alle Jahre wieder

Liebe Leserinnen und Leser, seien Sie vorgewarnt: Wenn wir uns demnächst unterhalten, kann es sein, dass ich mir anschließend Notizen mache. Dazu mehr am Ende.

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Liebe Leserinnen und Leser, seien Sie vorgewarnt: Wenn wir uns demnächst unterhalten, kann es sein, dass ich mir anschließend Notizen mache. Dazu mehr am Ende.

Die Adventswochen waren einmal eine Zeit der frohen Erwartung auf festliche Tage im Kreise der Lieben mit Gedichten, trauten Gesängen, knusprigem Gebäck und braven Kindern, die mit pädagogisch wertvollen Geschenken wie einer Trommel oder den Deutschen Heldensagen beglückt wurden. Selbst unmittelbar nach 1945 freute man sich darauf, in Frieden und der Zukunft zugewandt in einem mäßig beheizten Raum feiern zu dürfen, in dem ein im Wald geklauter und mit Stearinkerzen bestückter Baum stand, unter dem als Geschenke Strümpfe und Pullover aus übel kratzender Wolle lagen. Die Kinder schrieben noch keine Wunschzettel und maulten nicht, wenn sie der Oma auf der Blockflöte vorspielen sollten. Das Gebäck war, weil ohne Nährwert, sehr gesund. Man war arm, aber glücklich.

Das sehen wir vor uns, wenn wir uns durch die gedrängt volle, auf Weihnachten getrimmte Stadt schieben. Dass dies nicht stimmt, wissen wir, aber wir sehnen uns trotzdem danach, seit wir unter dem Rummel mit seiner Hetze und seinem Stress leiden, aber immer eifrig mitmachen. In den Zeitungs-Feuilletons und von den Kirchen wird jedes Jahr aufs Neue der sinnentleerte Kommerz beklagt und zur Umkehr aufgerufen. Es hat nichts genutzt.

Ab dem Totensonntag, wenn in der Innenstadt sinnigerweise bereits die Weihnachtsdekoration hängt, werde ich mir notieren, was die Leute über ihre Vorweihnachtszeit sagen: wie nervend und teuer alles sei, wie gerne man sich bescheiden würde, dass im nächsten Jahr die Geschenke bereits im November gekauft würden, und dass man diesmal den Glühwein meiden und an den Festtagen nur für die Familie da sein werde, auch für die besserwisserischen Schwiegereltern, die sich selbst eingeladen hätten.

Die Notizen erhält die Stadtverwaltung. Dort wird derzeit angeblich geprüft, ob man nach der gescheiterten Bettensteuer von den Besuchern des Weihnachtsmarktes unter dem Motto „Unsere Million für Sanssouci“ Eintrittsgebühren erheben könnte. Von meinem Stimmungsbericht erhofft man sich Erkenntnisse, ob dies mit den Potsdamern zu machen sei.

Unser Autor ist ehemaliger Stadtverordneter der CDU und war Vorsitzender des Ausschusses für Kultur. Er lebt in Eiche.

Eberhard Kapuste

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