Landeshauptstadt: Alles auf Anfang
Die Entwürfe für den Langen Stall und ein Holländer-Karree am Bassinplatz fanden keinen Gefallen beim Potsdamer Gestaltungsrat
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Innenstadt - Durchgefallen ist noch geprahlt: Zwei Bauherren und ihre Architekten haben gestern Abend mit hochrotem Kopf und hängenden Ohren den Potsdamer Gestaltungsrat verlassen. Beim Projekt Brockessches Haus und Langer Stall der Asset Firmengruppe mit Architekt Tobias Nöfer dürfte dies auch für Stadtplanungschef Andreas Goetzmann gelten, der sich gestern anstelle des abwesenden Baubeigeordneten Matthias Klipp (Bündnisgrüne) die Kritik der Gestaltungsratschefin Ulla Luther anhören musste: Zur Architektur des etwa 180 Meter messenden Langen Stalls sei dringend ein Architekturwettbewerb nötig. Ulla Luther: „Für so ein großes Grundstück müssen verschiedene Alternativen entwickelt werden.“ Die Präsentationen und Bewertungen im Einzelnen:
BROCKESSCHES PALAIS/LANGER STALL
Investor Ingo Damaschke aus Bremen, Inhaber der Asset Firmengruppe, betonte, er wolle Wohnungen schaffen, die auch vermarktet werden können. Dem Anspruch folgte Architekt Nöfer und setzte nicht nur links und rechts des Brockesschen Palais jeweils ein Anbau an, sondern verlieh dem Baudenkmal in der Yorckstraße auch zwei hofseitige Seitenflügel. Auf der Seite zur Plantage verbindet ein Häuschen – Nöfer: „ein städtebauliches Gelenk“ – den rechten Eckanbau mit dem künftigen Langen Stall. Zwar besitzt Asset bisher nur einen ersten Teil des Langen Stalls, da dieser jedoch einheitlich sein soll, plante Nöfer komplett bis zum noch erhaltenen Portal von Georg Christian Unger (1743-1799) durch. Beschreiben lässt sich Nöfers Entwurf für den Langen Stall am besten mit den Worten eines Gastes im Publikum, der sich an eine „Riviera-Bebauung“ erinnert fühlte. Nöfer plant vier Etagen, die stufenförmig abterrassiert werden. Als erstes stechen unzählige Sonnenschutzmarkisen ins Auge. Investor Damaschke erläuterte, er und Nöfer hätten sich streng an die Vorgaben des Baubeigeordneten Klipp gehalten. „Dann“, entgegnete Gestaltungsratsmitglied Christian Rapp, „müssen wir manche Vorgaben noch einmal durchkneten“. Er sehe in den Entwürfen „eine Kollage mehr oder weniger glücklicher Baustile“. Der Gelenkbaukörper sei „grisselig“ und „unglücklich“. Die beiden Anbauten rechts und links schwächen das Brockessche Palais, weil sie sich nicht genug absetzten von dem Unger-Bau, ergänzte Ulla Luther. Keine Gnade finden bei ihr auch die „gewaltigen, dominanten Dächer“, in die zwei Etagen integriert werden sollen. Ein Seitenhieb setzte die Ratschefin auch auf das offenbar enorm hohe Verwertungsinteresse Damaschkes: „Sie haben sich viel auf ihr Grundstück gepackt und den Freiraum bei anderen gelassen.“ In den Urteilen Rapps und Luthers kam zum Ausdruck, dass die Blockrandbebauung der Plantage sowie des Blockinnenbereichs grundsätzlich überdacht werden müsse. Ulla Luther setzt die Messlatte sehr hoch an: Das zu bebauende Areal sei „fast so groß wie die historische Mitte und fast so bedeutend“, daher auch die Forderung nach einem Wettbewerb. Nöfers Reaktion: Er finde seine Lösung für den Langen Stall „eine starke Idee“. „Wir müssen auf den Punkt kommen“, deutete Nöfer Zeitdruck an.
ERRICHTUNG DER HOLLÄNDERHÄUSER
Im Krieg beschädigt, wurden die letzten beiden Holländerhäuser an der Französischen Kirche erst 1988 abgerissen. Nun will die Potsdamer Wohnungsgenossenschaft 1956 (PWG) sie wieder aufbauen und um weitere Bauten zu einem kleinen Karree nach historischem Vorbild erweitern. Architekt Herbert Knopf sagt zwar selbst, dass die Klinikumsbauten „recht brachial“ an den Bassinplatz herangeschoben wurden. Das hindert ihn jedoch nicht, sie als Referenz für einen quaderförmigen voluminösen Dreigeschosser plus Staffelgeschoss heranzuziehen – um „Kontakt“ zum Klinikum aufzunehmen, wie Knopf sagte. Die Reaktion des Rates war eindeutig wie wegweisend: „Wissen wir, wie lange dieses Krankenhaus da steht?“, fragte Michael Bräuer. Das Klinikum könne nicht Referenz sein für das Projekt. „An die freundliche Annäherung an die Höhen des Klinikums glauben wir nicht“, sagte Bräuer. Vielmehr sollte „der Maßstab der Holländerhäuser zur vollen Quartiersstruktur entwickelt werden“.
In dem Karree, in dem einmal 30 bis 40 Personen wohnen sollen, lässt Knopf fünf verschiedene Baustile erkennen – vom Holländerhaus preußischer Prägung bis zum Glasflachbau. Statt „der Vielfalt der Formengebung“ wünscht sich der hochkarätig besetzte Rat eine schlichtere und einheitlichere Lösung. Ulla Luther: „Nicht aus jedem Dorf einen Köter“. Ihre Devise für das Projekt: „Fast zurück auf Null.“
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