Landeshauptstadt: Alles aufgemöbelt
Babelsberger Tischlerei John begeht 65-jähriges Bestehen / Handwerkskunst für Historisches und Neues
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Babelsberg - Eine mehr als hundert Jahre alte Tür steht in der Werkstatt von Tischlermeister Matthias John. Ein Kunde hat das historische Stück bei Ebay ersteigert. John soll die Tür nun aufmöbeln und ihre Isoliereigenschaften verbessern. Kein außergewöhnlicher Auftrag für ihn. Der Handwerksmeister kann mit seiner Tischlerei selbst schon auf eine längere Historie zurückblicken.
Im Jahre 1946, also vor 65 Jahren, gründete sein Großvater Werner John in Babelsberg die Tischlerei. Drei Jahre später zog der Firmengründer mit seinem Betrieb an den heutigen Standort in der Straße Alt Nowawes. Die Werkstatt liegt etwas versteckt im Hof. Keine Spur von Industrie, eher schon von Idylle. Im denkmalgeschützten Vorderhaus wohnt John mit seiner Familie.
Sein Büro hat er im Erdgeschoss des Bauwerks eingerichtet. Dort, an den Wänden, wieder Historie: die Meisterbriefe dreier Generationen und Fotos vom Vorderhaus, wie es vor 20 Jahren aussah. Eine typische DDR-Ruine mit jeder Menge Hausschwamm. Bis in die sechziger Jahre wohnten dort noch Mieter. Johns Großvater konnte das Haus nicht instand halten: „Sechs Jahre Miete waren vielleicht ein Kachelofen“, meint Enkel Matthias heute. Als der letzte Mieter ausgezogen war, diente das Gebäude noch als Lager für die Tischlerei. In den neunziger Jahren machte die Familie aus der Ruine dann wieder ein echtes Schmuckstück.
Darin ist John geübt: Mit seiner Tischlerkunst alten Dingen zu neuem Glanz verhelfen. In Alt Nowawes haben er und seine Mitarbeiter an der Restaurierung vieler Häuser mitgewirkt. Auch historische Fenster der Babelsberger Goetheschule hat er zu neuem Leben erweckt. Aber nicht nur historisch Wertvolles geht durch Johns Hände: In der Werkstatt des 46-Jährigen stehen zur Zeit fast fertige Computertische aus kunststoffbeschichteten Holzwerkstoffplatten, die John und seine Mitarbeiter für die Universität Potsdam bauen. Handwerkskunst im Dienst des Hightech.
Nicht nur öffentliche Auftraggeber zählt John zu seinen Kunden, sondern auch viele Privatleute. Für sie baut er Fenster, Türen, Treppen, aber auch Möbel. Alles nach dem Wunsch der Kunden. Wissen die nicht so ganz genau, was sie haben wollen, entwirft John ihnen zum Beispiel auch schon mal selbst ein Schlafzimmer. Seine Klientel, sagt John, seien Menschen, die ein qualitativ hochwertiges Produkt haben wollen.
Acht Mitarbeiter, darunter sein Sohn Richard, und einen Auszubildenden beschäftigt der Tischlermeister momentan. Über die derzeitige Auftragslage sagt John, der zugleich Obermeister der Innung ist, er könne „nicht klagen“.
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