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Landeshauptstadt: Als der Strom das Pferd ersetzte

100 Jahre elektrische Straßenbahn in Potsdam: Am 2. September feiert die Stadt mit einem Korso historischer Trams

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Potsdam war spät dran mit der Umstellung der Pferde-Straßenbahn auf die Elektrische. Grund waren Befürchtungen, die noch heute bisweilen bei Neuerungen in der Stadt gehegt werden: Zunächst beharrten die Preußenkönige auf den Pferdeantrieb, da sie befürchteten, die Oberleitungen der Elektro-Tram könnten das architektonische Gesamtensemble stören. Auch protestierten die Forscher auf dem Telegrafenberg, weil sie annahmen, der Strom in den Fahrdrähten könnte Einfluss haben auf ihre Messinstrumente.

Doch die technische Revolution ließ sich nicht aufhalten: Allen Widerständen zum Trotz erhielt die Potsdamer Straßenbahn-Gesellschaft am 8. Mai 1907 die Urkunde zur Elektrifizierung. Am 2. September selben Jahres wurden die Strecken Hauptbahnhof – Bahnhof Charlottenhof und Hauptbahnhof – Alleestraße feierlich eröffnet. Am 2. September dieses Jahres ist das auf den Tag genau 100 Jahre her. Der Potsdamer Verkehrsbetrieb ViP wird das Jubiläum „100 Jahre Elektrische“ am ersten September-Wochenende mit mehreren Veranstaltungen sowie Sonderfahrten mit historischen Straßenbahnen feiern. Es soll ein Fest für die eingefleischten Tram-Fans und für die Bürger und Tramnutzer zugleich sein, erklärte gestern ViP-Chef Martin Weis vor Journalisten. So können am Sonnabend Tram-Fans auf Sonderfahrten auf ihre 15-Euro-Billett-Kosten kommen, denn der ViP plant Sonderfahrten mit historischen Straßenbahnen. Wie Organisator Volkmar Wagner erklärte, werde es spezielle Foto-Stopps vor historischen Gebäuden geben und auch inszenierte Begegnungen verschiedener Oldtimer-Bahnen. Für diese Sonderfahrten sind Vorbestellungen nötig (siehe Kasten). Am Sonntag gibt es verschiedene Tram-Mitfahrgelegenheiten ohne Vorbestellung.

Da der ViP keine eigenen Trams aus der Vorkriegszeit mehr besitzt, stellt die Museumstram Mariazell (Österreich) einen Zweiachser aus dem Jahr 1900 zur Verfügung. Ein Pullman-Wagen von 1928 kommt aus Magdeburg, ein LOWA-Triebwagen des Jahres 1957 aus Rostock. Die LOWA-Bahn war die erste Tram-Konstruktion in der DDR nach 1945. Die 60er Jahre bis heute kann der ViP mit Fahrzeugen aus dem eigenen Bestand darstellen: Er zeigt einen Gotha-Gelenkwagen und einen Gotha-Dreiwagenzug von 1965 und 1967. Besonders stolz ist der Verkehrsbetrieb auf den Besitz des Prototyps des Tatra KT4D. Dies ist nicht das einzige Testfahrzeug des ViP: Im Depot steht auch der erste Combino, der Combino 400, der zum Jubiläum jedoch nicht aufgeboten wird, da seine Zulassung Weis zufolge aus Kostengründen nicht verlängert wurde. Für die Gegenwart schickt der ViP den Combino 407 in die Schienenspur. Das Combino-Erstfahrzeug habe der frühere ViP-Chef Georg Dukiewicz für einen Euro von Siemens gekauft und dem ViP zur Verfügung gestellt. Die Combino-Bahnen waren aufgrund technischer Probleme später in die Schlagzeilen geraten.

Eine im Aufbau befindliche Potsdamer Tram des Jahres 1907 kann im September noch nicht vollständig gezeigt werden. Von den benötigten 500 000 Euro Aufbaukosten sind laut Wagner bislang 140 000 Euro zusammen. Derzeit befinde sich das Fahrgestell zur Restauration in Leipzig.

Weiteres im Internet unter:

www.vip-potsdam.de

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