
© Carolin Kleinke
Homepage: Als Kiesel getarnt
Lebende Steine trotzen extremem Klima
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Im Botanischen Garten der Uni Potsdam wachsen exotische und heimische Pflanzen. In den PNN stellt Kustos Michael Burkart jeden Monat eine von ihnen vor.
Lebende Steine sind Pflanzen, die wie doppelte Kieselsteine aussehen. Knapp 40 Arten der Gattung Lithops („Sieht aus wie ein Stein“) leben in den Trockengebieten des südlichen Afrika. Es ist verblüffend, wie wenig Gesichertes die Wissenschaft über diese putzigen Gestalten weiß. Es beginnt schon mit der „Tarnung“, die jedem auffällt, der die paarweisen Objekte zwischen Kieseln sucht. Browns Lebender Stein (Lithops localis), grau-grünlich mit dunklen Punkten, ist da durchaus typisch. Die fleischigen Blätter sind vor allem Wasserspeicher, könnten also für durstige Wüstentiere interessante Beute sein. Es gibt aber praktisch keine systematische Untersuchung zum Tierfraß an Lebenden Steinen und schon gar keine zum möglichen Schutzeffekt dagegen durch die Tarnfärbung.
Ihr Dasein als halb unterirdischer Doppelkiesel bringt Lebenden Steinen Vorteile: Die rundliche Form reduziert Wasserverlust durch verringerte Oberfläche, und das teils unterirdische Dasein wirkt in dieselbe Richtung. Lebende Steine setzen damit zugleich nur kleine Teile ihrer Blätter dem Sonnenlicht aus, was bei der tagsüber herrschenden enormen Lichtstärke günstig ist, um Blattschäden zu vermeiden. Damit trotzdem Licht für die Fotosynthese genutzt werden kann, besitzen die Blätter sogenannte Fenster – die oben erwähnten dunklen Punkte. Dunkel sind sie, weil man durch sie hindurch ins Wasser speichernde Blattinnere blickt; das Licht erreicht durch sie das unterirdische grüne Gewebe.
Oder doch nicht? Ein Abklebe-Versuch auf diesen Fenstern erbrachte nicht den erwarteten Effekt verminderter Fotosynthese. Die mögliche Erklärung – auch zu viel Licht kann die Fotosynthese hemmen – ist generell schon lange bekannt, im Einzelnen allerdings nicht immer einfach zu beweisen. Die neueste Arbeit zu dem Thema legt Wechselwirkungen zwischen mehreren komplexen Mechanismen in den Lithops-Blättern nahe. Das letzte Wort ist aber mit Sicherheit noch nicht gesprochen, schon allein deswegen, weil die Versuche stets in Klimakammern gemacht wurden. Die in der südafrikanischen Heimat auftretende maximale Einstrahlung wurde dabei längst nicht erreicht.
Die Sammlung Lebender Steine und verwandter Arten (Familie Mittagsblumengewächse) des Botanischen Gartens der Universität Potsdam ist mit rund 300 Arten eine der größeren in Deutschland. In Kooperation mit dem Hamburger Botanischen Garten wurde jetzt damit begonnen, das Leben dieser Pflanzen genauer zu erforschen. Wobei es allerdings ein Irrtum wäre zu glauben, mit der Mehrung von Wissen würde zugleich das Nichtwissen vermindert. Vielmehr lauert bekanntlich hinter jeder Antwort sogleich die nächste Frage, oder sogar mehrere davon. Für Forscher ist das schön, nie geht ihnen die Arbeit aus. Browns Lebender Stein blüht jetzt im Kakteenhaus des Botanischen Gartens, aber nur bei Sonnenschein, wie es für Mittagsblumen typisch ist. Michael Burkart
Der Vortrag „Wildblumen und Mee(h)r – Impressionen aus Südafrika“ von Kerstin Kläring am heutigen Mittwoch, den 8. Oktobern um 17 Uhr zeigt wunderbare Bilder blühender Mittagsblumen und anderer „Südafrikaner“ in der typisch sengenden Sonne. Am kommenden Sonntag, 12. Oktober, findet dann um 15 Uhr die Führung „Fruchtig frisch – exotische Früchte“ mit Steffen Ramm statt.
Michael Burkart
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