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Neues Hiroshima-Denkmal: Zur Einweihung der Gedenkstätte in Babelsberg kamen am Sonntag rund 300 Gäste. Es sprachen Beigeordnete Elona Müller (parteilos) und der japanische Professor Hideto Sotobayashi, der sich als Überlebender des Atombombenabwurfs von Hiroshima für die Anlage eingesetzt hatte (Foto oben). Bei der Veranstaltung sang der Chor der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Berlin (Foto unten links). Das Konzept für die Gedenkstätte entwarf Makoto Fujiwara (Foto unten Mitte).

© Manfred Thomas

Von Günter Schenke: Altar für Atombomben-Opfer

Monumentales Denkmal des japanischen Künstlers Makoto Fujiwara auf Hiroshima-Platz eingeweiht

Stand:

Babelsberg – Mit einer zweistündigen Zeremonie weihte der Potsdamer Hiroshima-Platz-Verein gestern ein Denkmal für die Opfer der Atombomben-Abwürfe vor 65 Jahren in Hiroshima und Nagasaki ein. „Es ist spät, aber noch nicht zu spät“, sagt der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Peter Schüler (Bündnisgrüne), zum Zeitpunkt des Gedenkens in Potsdam. Der Abwurf der beiden Atombomben auf japanische Städte sei eine tiefe Zäsur der neueren Geschichte und bis heute sei die Gefahr durch diese Waffen nicht beseitigt. Etwa 300 Menschen nahmen an der Einweihung ab 11 Uhr teil.

Ausschlaggebend für den Gedenkort ist der Aufenthalt des USA-Präsidenten Harry S. Truman in der gegenüber liegenden Villa an der Karl-Marx-Straße 2 während der Potsdamer Konferenz vom 17. Juli bis 2. August 1945. Während dieses Aufenthaltes kam auch der Befehl den Abwurf der Atombombe vorzubereiten.

Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller (parteilos), die Oberbürgermeister und Projekt-Schirmherr Jann Jakobs (SPD) vertrat, erinnerte, dass die Gedenkstätte „in den letzten Wochen und Monaten sehr strittig diskutiert“ worden sei und erklärte: „Es geht uns und dem Verein nicht darum, die Rolle Japans während des Krieges im Pazifik zu relativieren und es geht nicht darum, die USA an den Pranger zu stellen.“ Unter Beifall fügte sie hinzu: „Wir verdrehen nicht Ursache und Wirkung.“ Aber es sei eine große Errungenschaft der Zeit nach 1989, „dass wir nicht mehr in den einfachen Kategorien von Schwarz und Weiß eingezwängt sind und uns ideologisch befreiter gerade mit der neueren Geschichte auseinander setzen können.“ Kritiker hatten moniert, mit dem Denkmal werde in Japan die unzureichende Auseinandersetzung mit der eigenen Schuld am Zweiten Weltkrieg gefördert. Viele Japaner würden sich weiter nur als Opfer des Krieges sehen, hieß es.

Zentrales Teil des gestern enthüllten Denkmals ist ein 36 Tonnen schwerer und 8,9 Meter langer Labrador-Stein aus einem Felsen in Norwegen. Er ist an der Oberfläche grob behauen und an den Seiten fein geschliffen. Zur Bedeutung des monumentalen Gesteinsbrockens erklärte der japanische Steinbildhauer Makoto Fujiwara gestern: „Wir sehen die umstehenden Baumkronen, den offenen Himmel und den Labrador-Stein – das ist ein Altar.“ Zum Denkmal gehört auch ein blanker Sockelstein, in den zwei „verstrahlte“ Steine aus Hiroshima und Nagasaki eingelassen sind. Eine Inschrift erklärt: „Im Gedenken an die Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki (). Während der Potsdamer Konferenz der alliierten Großmächte () wohnte der damalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Harry S. Truman, in der gegenüber liegenden Villa. Am 25. Juli 1945 wurde mit Zustimmung des amerikanischen Präsidenten aus Washington D.C. der militärische Befehl zum Abwurf der Atombomben erteilt. Die zerstörerische Kraft der Bomben brachte hunderttausendfachen Tod und entsetzliches Leid über die Menschen. In der Hoffnung auf eine atomwaffenfreie Welt.“

Doch über diese Darstellung gibt es Dissens. So teilte Rolf Berndt, Vorstandsmitglied der „Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit“ mit Sitz am Hiroshima-Platz, vor der Veranstaltung mit, dass Präsident Truman Potsdam längst verlassen habe, als der Einsatzbefehl zum Abwurf der Atombomben erteilt wurde.

Das Denkmal soll insgesamt 40 000 Euro gekostet haben. Den „großen Stein“ habe die Stadt Potsdam bezahlt, sagte Fujiwara. Der kleine Platz gegenüber der „Truman-Villa“ war bereits vor fünf Jahren auf Beschluss der Stadtverordneten in Hiroshima-Platz umbenannt worden. Im Jahr 2007 hatten sich laut Vereinschef Uwe Fröhlich 14 Bürger zur Hiroshima- Platz-Initiative zusammengeschlossen und mit dem Sammeln von Spenden für einen Gedenkort begonnen. Die Bemühungen um eine Gedenkstätte an der Truman-Villa begannen bereits in den neunziger Jahren. Eine Initiative um den im Jahr 2002 verstorbenen Stadtverordneten Rudolf Tschäpe (Neues Forum) wollte zum 50. Jahrestag der Atombomben-Abwürfe ein Denkmal aus Mauersteinen schaffen. Damals scheiterte das Vorhaben.

Das Video wurde uns freundlicherweise von PotsdamTV zur Verfügung gestellt.

Günter Schenke

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