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Landeshauptstadt: „Alternative Jugendkultur stirbt im Sanierungswahn“

Zur laufenden Berichterstattung über Potsdamer Jugendkulturstätten in NötenVergangene Woche begrüßte Ministerin Johanna Wanka einen kleinen Teil der über 20 000 Erstsemester von der Uni Potsdam im Hans-Otto-Theater und appellierte an die Studenten, sie mögen ihren Erstwohnsitz in Potsdam und nicht in Berlin nehmen. Doch gibt Potsdam derzeit wenig Anreiz für junge Menschen nicht nur zum Studium hierher zu pilgern, sondern in der Landeshauptstadt Wohnung zu nehmen.

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Zur laufenden Berichterstattung über Potsdamer Jugendkulturstätten in Nöten

Vergangene Woche begrüßte Ministerin Johanna Wanka einen kleinen Teil der über 20 000 Erstsemester von der Uni Potsdam im Hans-Otto-Theater und appellierte an die Studenten, sie mögen ihren Erstwohnsitz in Potsdam und nicht in Berlin nehmen. Doch gibt Potsdam derzeit wenig Anreiz für junge Menschen nicht nur zum Studium hierher zu pilgern, sondern in der Landeshauptstadt Wohnung zu nehmen. Ein Studentenleben ist ohne Stätten, an denen man sich trifft, diskutiert, trinkt, tanzt, kurz: lebt, kaum vorstellbar. Doch Potsdam stirbt. Unsere alternative Jugend- und Sozio-Kultur, auf die ich selbst immer so stolz war, verschwand schneller im klinischen Sanierungswahn, als man heute einen Bachelor-Abschluss herunterreißen kann. Ich selbst lebe seit 16 Jahren in Potsdam. Ich bin quasi im „Archiv“ aufgewachsen und habe meine kritische, tolerante und offene Weltanschauung unter anderem dort mit der Kneipenluft eingeatmet. Doch wo wird die neue Studentengeneration in Zukunft bis in die frühen Morgenstunden Hermann Hesses „Glasperlenspiel“ neben der Weltpolitik und der Finanzkrise debattieren? Wo wird die Sozio-Kultur unserer ach so toleranten Landeshauptstadt beim gemeinsamen Freitagabendtanz gepflegt? Und wo bekommt man ein Glas Wein und gute Musik auch nach 22 Uhr zu Preisen, die sich Studenten leisten können? Womöglich ist dies alles von einer Landeshauptstadt zu viel verlangt und mir wird bewusst, dass ich Inseln wie das „Archiv“, den „Spartacus“, die „Villa Wildwuchs“, das alte „Waschhaus“ und letzten Endes auch den „Lindenpark“ als viel zu selbstverständlich genießend hingenommen habe. Erschreckend oft klingt derzeit ein preußischer Ruf in mein Ohr, allerdings etwas abgewandelt: „Potsdam ist tot! Es lebe Berlin!“.

Meine Studentenzeit neigt sich nun dem Ende und ich fühle mich alt, wenn ich daran denke, dass es womöglich bald heißt: „Weißt Du noch damals? Als es das Archiv'' noch gab?“ Die Verantwortlichen der Stadt müssen sich klar machen, dass der Preis für ein Stadtschloss, oder eine Speicherstadt Potsdams verlorene Jugend sein könnte. Potsdam ist tot! Es lebe Berlin!

Corina Brucker, Potsdam

Mehr Engagement für Jugendkultur!

Wegen schlechter Aussichten für Potsdams Kultur- und Soziokulturlandschaft folgen wir dem Aufruf „Freiräume statt Schlossträume“. Geht es um das Stadtschloss sind Vereine schnell zur Stelle und Mäzene schreiten zur Tat. Wo bleibt dieses Engagement für die Jugend und deren Kultur?

Die Initiative „Bildung sta(d)t Schloss“

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