Landeshauptstadt: Alternativen zum Discounter Ortsteile diskutierten Nahversorgungs-Problem
Marquardt - Geschlagene vier Monate dauert es in dieser Jahreszeit, bis Thomas Justin in seinem Marquardter Dorfladen einen Kasten Krombacher Bier verkauft hat. Dieses Beispiel nannte der Ladenbesitzer bei einer Diskussion zur Zukunft der Nahversorgung im Potsdamer Norden in der Marquardter Kulturscheune.
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Marquardt - Geschlagene vier Monate dauert es in dieser Jahreszeit, bis Thomas Justin in seinem Marquardter Dorfladen einen Kasten Krombacher Bier verkauft hat. Dieses Beispiel nannte der Ladenbesitzer bei einer Diskussion zur Zukunft der Nahversorgung im Potsdamer Norden in der Marquardter Kulturscheune. Justin illustrierte damit das Grundproblem, mit dem die letzten noch verbliebenen Läden in ländlichen Gebieten zu kämpfen haben: Zu wenige Menschen kaufen dort ein, der Umsatz ist daher niedrig, der Gewinn kaum auskömmlich.
Justin verkündete am Dienstag, dass auch sein Laden wohl bald das Schicksal unzähliger Dorfläden nehmen werde: Die endgültige Schließung seines Geschäfts sei „in absehbarer Zeit zu erwarten“. Die Landbewohner würden lieber einige Kilometer mit dem Auto fahren, um irgendwo anders preiswert einzukaufen. Selbst seinen im Ort kostenlosen Lieferdienst nutzten lediglich zwei Rentner. Auch sein Wäscheservice und die Annahmestelle für reparaturbedürftige Schuhe würden praktisch nicht nachgefragt, so Justin.
Auf der Veranstaltung am Dienstag, zu der die Stadt eingeladen hatte, diskutierten gut 30 Teilnehmer gemeinsam mit Rathaus-Mitarbeiter Erik Wolfram vom Bereich Stadtentwicklung über alternative Möglichkeiten der Nahversorgung im Potsdamer Norden. Dem Wunsch vieler Einwohner nach weiteren Supermärkten erteilten Ralf Seltenheim und Dirk Schlund von der Lidl-Standortplanung eine klare Absage – jedenfalls für ihr Unternehmen. Es lebten in Potsdams ländlich geprägtem Norden zu wenige Menschen, als dass sich dort in absehbarer Zeit die Eröffnung eines Marktes lohnen würde. Ein Bürger berichtete indes von einem Beispiel aus Sachsen. Dort öffne ein Discounter einige Läden stundenweise. Das Personal ziehe innerhalb eines Arbeitstages von einem Einkaufsmarkt zum nächsten. Verwaltungsmitarbeiter Wolfram stellte klar, dass die Stadt kein Einzelhandelsunternehmen zur Ansiedlung zwingen könne. Die Stadt könne nur planerische Vorgaben machen. Auch Potsdams Einzelhandelskonzept werde das Problem nicht lösen, sagte Wolfram.
Auf das Einzelhandelskonzept nicht gut zu sprechen war indes Carmen Klockow, Ortsvorsteherin von Neu Fahrland: „Wir Neu Fahrländer sind eigentlich nur dafür da, die anderen Zentren zu schützen“, machte sie ihrem Unmut Luft. Das Konzept habe seit Jahren die Ansiedlung eines Supermarkts in Neu Fahrland verhindert. Nunmehr sei es dafür wohl ohnehin zu spät, da an der Nedlitzer Straße, also nicht allzu weit entfernt von Neu Fahrland, gerade ein Sky-Markt errichtet werde. Sollte sich im künftigen Wohngebiet Krampnitz auch noch ein Markt ansiedeln, werde Neu Fahrland wohl auf Dauer leer ausgehen.
Auch ein Bürgerbus oder ähnliche Fahrdienste zu den Geschäften der Umgebung wurden am Dienstag als Varianten diskutiert. Satzkorns Ortsvorsteher Dietmar Bendyk (Aktionsbündnis Nord/West) sagte, um den Bedarf zu ermitteln, müssten die potenziellen Nutzer befragt werden. In Satzkorn jedoch – das könne er jetzt schon sagen – gehe der Bedarf an einem solchen Service „gegen null“. Bendyk hatte indes einen anderen Vorschlag: Die Warenversorgung pflegebedürftiger Menschen könnten in Zukunft auch die Pflegedienste übernehmen, die ohnehin mit ihren Autos übers Land fahren. HC
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