Flüchtlinge in Potsdam für den Arbeitsmarkt: Am besten als Pfleger
Die Arbeitsagentur tourt durch Flüchtlingsheime und erklärt den schnellsten Weg zu einem Job
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Eigentlich würde Azeb Berhane am liebsten weiter studieren. Wirtschaftsstudentin war die 27-Jährige, als sie ihre Heimat Eritrea verlassen musste und nach Deutschland floh. Doch wählerisch will sie nicht sein – auch als Pflegerin oder Kellnerin würde die junge Mutter arbeiten. Keine schlechten Voraussetzungen also angesichts des Mangels an Arbeitnehmern in diesen Bereichen, schließlich ist es erklärtes Ziel der deutschen Politik, Flüchtlingen Zugang zu Branchen mit Fachkräftemangel zu gewähren. Doch wie gelangt man an einen solchen Job? Was sind die Voraussetzungen? Wo kann man ein Praktikum machen? Und wie bewirbt man sich in Deutschland überhaupt auf eine Stelle?
Die Potsdamer Arbeitsagentur will diese Fragen beantworten, und zwar dort, wo sie gestellt werden: in den Flüchtlingsheimen und -wohnungen. Dafür touren mehrere Mitarbeiter nun durch die Einrichtungen, am gestrigen Mittwoch war der Staudenhof in der Potsdamer Innenstadt an der Reihe. Die „Federal Employment Agency“ – die etwas seltsam anmutende englische Übersetzung für die Bundesagentur für Arbeit – hatte zu einer Info-Veranstaltung im Erdgeschoss geladen. Der „Crashkurs deutsche Bürokratie“, wie er auch hätte heißen können, stieß dort auf reges Interesse.
Etwa die Hälfte der gut 40 erwachsenen Flüchtlinge aus dem Staudenhof war gekommen und lauschte, welche Tipps Andreas Kellner und Tanya Röder von der Agentur parat hatten. Mitarbeiter des Wohnprojekts übersetzten für drei Grüppchen auf Englisch, Französisch und Arabisch – so weit es bei Wortungetümen wie Ausländerbehörde oder Vorrangprüfung möglich war. Wobei genau diese beiden Dinge entscheidend sind, wie aus Andreas Kellners Erklärungen hervorging. Denn erstere muss den Asylbewerbern eine Arbeitsberechtigung erteilen. Nur dann können die Flüchtlinge überhaupt einen Job suchen. „Sorgen Sie dafür, dass ihr grüner Zettel aktuell ist und dieser Eintrag nicht fehlt“, mahnte Kellner die Zuhörer. Schwerer zu vermitteln war hingegen die sogenannte Vorrangprüfung, mit dieser soll sichergestellt werden, dass kein genauso gut geeigneter Deutscher für den Arbeitsplatz zur Verfügung steht.
Azeb Berhane schüttelt den Kopf. Sie erzählt von einem Freund aus Frankfurt am Main. Dieser habe zwar Jobs gefunden, sei nach einigen Tagen aber wieder weggeschickt worden – weil andere Bewerber vorgezogen wurden. „Viermal hat er es gemacht, jetzt arbeitet er nicht mehr“, sagt sie. In der Arbeitsagentur kennt man die Kritik an der Vorrangprüfung. Die Mitarbeiter appellierten deshalb an die Flüchtlinge, sich vor allem in den Bereichen zu bewerben, wo Fachkräftemangel herrscht, also zum Beispiel auf Pflege- oder Gastronomieberufe. „In den Bereichen haben Sie gute Chancen“, so Röder.
Auch zu einer Ausbildung versuchten sie und ihr Kollege die Menschen aus Eritrea, dem Kamerun oder Syrien zu motivieren. Diese sei vergleichbar mit einem Fundament für ein Haus, sagte Kellner. Nur wenn dieses stimme, könne das Gebäude nach oben wachsen. Ein Praktikum könne da der erste Schritt sein.
Was für wen der richtige Weg sei, werde am besten bei einem persönlichen Gespräch geklärt, sagte Kellner und verteilte Flyer mit seinen Kontaktdaten. Um sicher zu gehen, dass ihn auch jeder findet, zeigte er ein Foto von der Arbeitsagentur im Horstweg und beschrieb genau die Anfahrt. Bei der ersten Infoveranstaltung im Flüchtlingsheim am Lerchensteig machte er das auch – mit Erfolg, wie Arbeitsagentur-Chefin Ramona Schröder sagte. Von den 30 Besuchern der Informationsveranstaltung seien 13 schon in den Tagen danach zu Einzelberatungen erschienen. Etwa die Hälfte von ihnen könnte sofort auf den Arbeitsmarkt vermittelt werden – wenn das Sprachproblem gelöst werde.
Ohnehin scheint das eine der größten Hürden zu sein. Auch Kellner appellierte eindringlich an seine Zuhörer: „Lernen Sie Deutsch!“. Das tut auch Azeb Berhane, allerdings erst seit einigen Wochen. Sie ist zwar schon fast ein Jahr in Potsdam, hatte aber bis vor kurzem keinen Kita-Platz für ihren kleinen Sohn. „Ein bisschen“ hat sie schon gelernt, sagt sie. Die Info-Veranstaltung fand sie gut, wie sie anschließend sagt. „Es ist sehr wichtig für uns zu wissen, wie man einen Job bekommt“, sagt sie. „Das motiviert.“ Wagni Yaphet Jojo, der ebenfalls zugehört hat, stimmt ihr zu. „Es ist wirklich nicht einfach, von anderen Menschen etwas über dieses schwierige Thema zu erfahren“, sagt der 30-Jährige. „Jetzt weiß ich mehr.“ mit tel
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