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Landeshauptstadt: Am Ende rote Zahlen

Neues Steuer-Gesetz 2008: „Miserabel vorbereitet“

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Dem Wirtschaftsaufschwung zum Trotz könnte 2008 ein schweres Jahr für Potsdams Innenstadthändler werden. Denn ab Januar gilt in Deutschland das neue Unternehmenssteuer-Gesetz. „Mancher Unternehmer könnte dann zur Aufgabe gezwungen sein“, befürchtet der Vorsitzende des Potsdamer Kreisverbands der Mittelstandsvereinigung, Peter Schultheiß. Denn Gewerbetreibende müssen ab 2008 nicht nur wie bislang ihre Gewinne, sondern auch ihre Kosten wie Mieten, Kreditzinsen, Pachten und Leasingraten anteilig zu 25 Prozent versteuern – egal wie hoch ihr Gewinn ausfällt. Auf diese Weise sollen die Kommunen auf verlässlichere Einnahmen aus der Gewerbesteuer zurückgreifen können, die nicht nur allein von der Konjunktur abhängen. Betroffen sind nach Aussagen von Wirtschaftsbehörden vor allem die Geschäfte in den teureren Innenstadtlagen. Denn je höher die fixen Kosten wie Miete, desto höher auch die steuerliche Belastung. Nach einer Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) könnte das neue Gesetz für einige Händler sogar bedeuten, dass sie trotz guter Vorsteuergewinne am Ende rote Zahlen schreiben.

Darum machen sich zumindest einige Gewerbetreibende bereits große Sorgen. Auch Ludwig Görtz, zu dessen 220 Schuhgeschäften deutschlandweit auch eine Filiale an der Brandenburger Straße gehört. Zwar zahle der Hamburger Unternehmer in Potsdam nicht so eine hohe Ladenmiete wie in München oder Hamburg, dafür sei in der brandenburgischen Landeshauptstadt aber auch der Quadratmeter-Umsatz viel geringer, so Görtz. Dass er sein Potsdamer Geschäft schließen muss, glaubt Görtz trotzdem nicht. „Wir kapitalstarken Firmen werden mindestens ein bis zwei Jahre durchhalten, aber viele Einzelhändler können das nicht“, kritisiert Görtz. Seiner Meinung nach hätten die Gesetzesmacher die Steuerreform „miserabel vorbereitet“.

Ähnlich denkt auch Apotheker Jens Wiesenhütter, der in Potsdam drei Apotheken betreibt : Das Gesetz sei nicht tragbar und völlig abwegig, findet Wiesenhütter. Hinzu käme, dass viele Gewerbetreibende gar nicht auf günstigere Lagen ausweichen könnten, weil die meisten langfristige Mietverträge hätten. „Die Regierung startet damit ein großes Vernichtungsprogramm“, sagt Wiesenhütter. „Wenn das Gesetz 2008 tatsächlich so in Kraft tritt, kann ich meine Apotheken schließen. Dann hat Potsdam 30 Arbeitslose mehr“. Die meisten Potsdamer Händler scheinen sich bisher aber keinen allzu großen Gedanken um die Unternehmenssteuerreform gemacht zu haben. Bei der AG Innenstadt (AgiP) spielt sie im Moment keine wichtige Rolle, sagte Wolfgang Cornelius von der AGiP. Die Händler hätten derzeit viel zu sehr mit dem Weihnachtsgeschäft zu tun. Auch in Babelsberg seien die neuen Gesetze laut Rainer Baatz, dem Geschäftsführer des Babelsberger Entwicklungsträgers Stadtkontor, noch kein großes Thema. Sterncenter-Manager Stephan Raml habe ebenfalls von seinen 85 Geschäftsmietern im Einkaufskomplex an der Nuthestraße noch keine Reaktion auf die neuen Gesetze gehört. Und bei Karstadt will man sich nicht dazu äußern. Das Kaufhaus-Unternehmen zahlt wohl eine der höchsten Ladenmieten in Potsdam: Denn Karstadt mit seinen mehr als 100 Angestellten verfügt über 30 000 Quadratmeter Verkaufsfläche – genauso viel wie das Stern-Center.

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