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Landeshauptstadt: Am Gesetz vorbei

Der Fall Villa Gericke: Battis-Bericht bestätigt Rechtsverstöße von Behörden und dem Investor

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Nauener Vorstadt - Zu rigide Auflagen, mangelnde Rechtskenntnisse und dazu ein Auftreten wie das einer Baupolizei – das sind die Vorwürfe gegen die Potsdamer Denkmalbehörde, die den größeren Teil des Battis-Berichts ausmachen. In einem Fall allerdings haben die Prüfer um den Verwaltungsrechtler Ulrich Battis das genaue Gegenteil festgestellt: Bei der „Villa Gericke“ haben Bau- und Denkmalbehörden offenbar alle Augen zugedrückt. Aus welchem Grund, ist bisher offen. Klar ist laut Battis aber: „Hier ist weitgehend am Gesetz vorbei gehandelt worden.“ Über den Fall hatte jüngst auch der „Spiegel“ berichtet und Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) Begünstigung des Bauherren Jörg Zumbaum vorgeworfen.

Als sein Team die Akten zur Villa in der Puschkinallee das erste Mal gesehen habe, „haben wir es auch gar nicht glauben wollen“, sagte Battis gestern im Hauptausschuss. Um Vorwürfen entgegenzutreten, es könne hier etwas vertuscht werden, weil der Oberbürgermeister involviert ist, geht der Prüfbericht ausführlich auf die Vorgänge ein. Das Fazit: Es gab nie eine Baugenehmigung – also eine rechtliche Grundlage – für die Sanierung der Villa, und bis in die Spitze des Bauamtes ist dies offenbar niemandem aufgefallen.

Damit hätte der Investor, der Insolvenzrechtler Zumbaum, den Bau auf Weltkulturerbe-Gelände „einfach zusammenschieben können“, wie Battis sagte. Auch die Baumfällungen im Garten der Villa und weitere Veränderung des Gartens seien nicht genehmigt gewesen. Dies würde, so der Battis-Bericht, die Androhung eines Bußgelds von bis zu 500 000 Euro rechtfertigen. Dass dies dem Investoren tatsächlich auch formal angedroht wurde, bestätigt der Bericht jedoch nicht. Weil der sogenannte Baumschutz auf dem Villa-Grundstück fehlte, sei zwar ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden – allerdings ohne Resultat: Weder wurde ein Bußgeld verlangt, noch das Verfahren irgendwann eingestellt. Erstaunlich auch die Feststellung im Bericht, dass es für die komplette, rund drei Millionen Euro teure Sanierung der Villa keine Pläne und Dokumentationen im Denkmalamt gibt. Auch die Anträge auf die denkmalrechtliche Erlaubnis für die Arbeiten seien nicht vorschriftsmäßig gestellt.

Allerdings endet die Dokumentation der Versäumnisse nicht in der Vergangenheit: Nachdem jüngst bekannt geworden war, dass es keine Baugenehmigung für die Villa gibt, hätte die Bauaufsicht tätig werden müssen. Dies geschah laut Bericht aber nicht, da der Bauherr im Urlaub gewesen sei. Ein ordnungsbehördliches Verfahren dürfe nicht „vom Freizeitverhalten des Bauherren abhängen“, heißt es, – dies sei Ungleichbehandlung. Betont wird, dass auch der Bauherr rechtswidrig gehandelt habe, weil er keine Baugenehmigung beantragt und keinen Objektplaner eingesetzt habe. Die Fehler der Verwaltung entschuldige das jedoch nicht.

Als positiv bewertet Battis im Fall Villa Gericke, dass der Investor unverzüglich bereit gewesen sei, die Arbeiten einzustellen und die fehlende Baugenehmigung zu beantragen. Das Verhalten von Oberbürgermeister Jakobs, der im März per Dienstanweisung die sofortige Bearbeitung der Steuerabschreibungs-Unterlagen von Bauherr Zumbaum gefordert hatte, wertet Battis als „nicht notwendig“. Allerdings sei die Anweisung rechtlich auch nicht zu beanstanden.Aus zeitlichen Gründen nicht untersucht habe man die neuen Vorwürfe im Fall „Villa Gericke“, sagte Battis. Nach Medienberichten soll die damals für die Villa zuständige Leiterin der Denkmalbehörde, Johanna Neuperdt, auch Rechnungen des Betriebs ihres Mannes für die Steuerabschreibungen Zumbaums geprüft haben: Denn ihr Mann soll mit seinem Unternehmen die Klempner-Installationen in der Villa übernommen haben. Diese Vorgänge würden im Nachgang untersucht, so Battis. SCH

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