Aus dem GERICHTSSAAL: Am Ohr aus Taxi gezogen?
Berufungsverfahren im Hinblick auf anderes Urteil eingestellt
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David D.* (30) betreibt ein Tattoo-Studio. Der Kahlkopf ist die lebende Werbung seiner Profession. Auch ein während der Berufungsverhandlung als moralische Stütze anwesender Kumpel ist über und über tätowiert. So sorgsam David D. seinen Kunden bunte Bilder in die Haut sticht, so unkontrolliert soll er am 24. September 2006 reagiert haben. In jener Nacht kam es in der Schopenhauer Straße zwischen Disko-Besuchern zum Streit um ein Taxi. In dessen Folge soll der gelernte Maurer eine junge Frau recht unsanft am Ohr aus dem Gefährt gezogen haben. David D. wurde daraufhin vom Amtsgericht am 30. April vorigen Jahres wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Der vielfach Vorbestrafte ging gegen diese Sanktion in Berufung. Und er hatte Erfolg. Das Verfahren der ersten Instanz wurde im Hinblick auf eine am 3. Juni 2007 ergangene Verurteilung zu einem Jahr auf Bewährung wegen Trunkenheit im Verkehr sowie Fahrens ohne Fahrerlaubnis eingestellt.
„Ich war müde und wollte nach Hause. Auf der Straße war Getümmel. Ich konnte aber nicht sehen, worum es ging. Da sprang die Frau plötzlich ins Taxi und verlangte von dem Fahrer, dass er die Polizei ruft“, erinnerte sich der Angeklagte vor der Berufungskammer des Landgerichts an das damalige Geschehen. „Der Fahrer hatte offenbar die Faxen dicke und verlangte, dass wir aussteigen. Die Dame weigerte sich, sie gebärdete sich äußerst hysterisch. Da habe ich sie ein bisschen am Arm gezogen“ gestand David D. „Aber ich habe sie auf keinen Fall am Ohr aus der Taxe befördert.“
„Ich war zuerst im Taxi“, behauptete Sabine S.* (36) vor der zweiten Instanz. „Da sah ich, dass mein Lebensgefährte vor der Diskothek zusammengeschlagen wurde. Er blutete stark. Ich hatte Angst um sein Leben und bat den Chauffeur, Polizei und einen Krankenwagen zu rufen.“ In diesem Moment sei David D. in die Taxe gestiegen. Statt Hilfe anzufordern, habe der Fahrer beide kategorisch aufgefordert, das Mobil zu verlassen. „Der Angeklagte kriegte mich am Ohr zu fassen. Ich wehrte mich. Als wir draußen waren, fuhr der Chauffeur schleunigst davon“, beschwerte sich die Zeugin. „Später habe ich dann eine kleine Verletzung am Ohr bemerkt.“ Viel schlimmer sei es allerdings ihrem Partner ergangen. Dem habe der Notarzt einen zweifachen Kieferbruch attestiert.
Das Amtsgericht ging damals offenbar davon aus, Sabine S. habe allein wegen ihrer Schramme am Ohr Strafantrag gegen den Angeklagten erstattet. Während der Berufung wurde klar: Die Potsdamerin wollte vorrangig den Angreifer ihres Freundes anzeigen. Der wurde inzwischen zu 1200 Euro Strafe verurteilt. (*Namen geändert.) Hoga
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