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Von Lars Hartfelder: Ambrosiapflanzen lassen kaum ein Auge trocken

Belastung mit den Allergie auslösenden Pollen ist in der Lausitz besonders hoch

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Drebkau - Klaus Robig wischt sich ein paar Tränen aus den Augen und putzt seine tropfende Nase. Seit vier Jahren leidet der 54-Jährige in der warmen Jahreszeit unter dem Pollenflug der Ambrosiapflanze. „In diesem Sommer ist es besonders schlimm", sagt er. Durch die ständige Reizung der Lunge kommen regelmäßig Hustenanfälle hinzu. Direkt vor seinem Grundstück in Domsdorf, einem Ortsteil von Drebkau (Landkreis Spree-Neiße), blüht das Beifuß-Gewächs auf großen Flächen. Das Unkraut besitzt die stärkste aller Pollenallergene und verlängert die Allergiesaison bis in den Oktober. Drebkau gehört zu den am stärksten von Ambrosia-Pollen betroffenen Kommunen in Deutschland. Die Werte liegen rund 1000-fach über dem Bundesdurchschnitt.

Auf dem Dach von Klaus Robig hat das brandenburgische Verbraucherschutzministerium nun eine Pollenfalle aufgestellt, um die Belastung genau zu erforschen. Ein Ventilator saugt dabei über einen kleinen Schlauch Luft an, etwa in der Menge eines menschlichen Atemzuges. Die Pollen legen sich dann auf einem langsam rollenden Klebeband ab, das einmal wöchentlich analysiert wird.

Die Leiden von Klaus Robig lindert dies allerdings nicht. Für den 54-Jährigen ist die Ambrosiapflanze zum Alptraum geworden. „Eine Immunisierung ist bei mir leider nicht möglich, da ich einen Schlaganfall hatte“, erzählt der Domsdorfer. Aufgrund von zahlreichen Bürgerbeschwerden sei die Stadt Drebkau auf das Problem aufmerksam geworden, sagt Bürgermeister Harald Altekrüger (CDU). Mit zwei ABM-Kräften würden derzeit die kommunalen Grundstücke kontrolliert, um sich einen Überblick zu verschaffen. „Das Geld für die eigentlich notwendige Beseitigung der Pflanzen haben wir nicht.“ Das Stadtoberhaupt fordert, dass die brandenburgische Landesregierung gesetzlich tätig wird, um auch landwirtschaftliche Betriebe oder private Haushalte zur Beseitigung der Pflanze verpflichten zu können. „Es steht eine Menge auf dem Spiel“, betont Altekrüger. „Es könnte ein Imageschaden für das ganze Lausitzer Seenland entstehen und damit den Tourismus in der Region gefährden.“ Die aus Nordamerika stammende Ambrosia hat sich nach Angaben von Experten in den vergangenen Jahrzehnten in Südbrandenburg massiv ausgebreitet. Vor allem in den Landkreisen Spree-Neiße und Oberspreewald-Lausitz habe die Verbreitung stark zugenommen. „Die Vorkommen in der Lausitz sind enorm und bis zu 1000 Mal höher als beispielsweise in Berlin“, sagt Sandra Kanabei, die sich am Meteorologischen Institut der FU Berlin intensiv mit den Pflanzen beschäftigt.

Allergiker würden bereits bei zehn Ambrosia-Pollen pro Kubikmeter Luft reagieren, sagt sie. Im Drebkauer Ortsteil Domsdorf seien in Hochzeiten Werte von mehr als 2000 Pollen pro Kubikmeter Luft gemessen worden. „Es besteht in diesem Gebiet akuter Handlungsbedarf“, warnt Kanabei. Vor allem von politischer Seite müsse reagiert werden. So würde beispielsweise ein Verbot von Ambrosia-Samen in Futtermitteln die Verbreitung eindämmen. Um eine weitere Ausbreitung der weltweit aggressivsten Allergie auslösenden Gewächse zu verhindern, müssten aber zunächst die Vorkommen lokalisiert werden.

Das brandenburgische Verbraucherschutzministerium führe derzeit größere Untersuchungen durch und sammle die Daten, sagt Regine Baeker, die den neu gegründeten Ambrosia-Arbeitskreis koordiniert. „Alle Straßenmeistereien wurden gründlich geschult und haben Betriebsanweisungen für die Beseitigung der Pflanzen bekommen“, sagt die Verbraucherschutz-Referentin.

Klaus Robig bleibt skeptisch, dass sich in naher Zukunft die Pollenbelastung in seinem Umfeld verringert. Deshalb hat der Allergiker selbst Initiative ergriffen und vor seinem Grundstück zahlreiche Reihen von jungen Nadelbäumen gepflanzt. „Ich möchte hier schließlich wohnen bleiben“. Auch Ambrosia-Expertin Kanabei bestätigt, dass Bäume einen guten Schutz vor den Pollen bilden.

Lars Hartfelder

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