Landeshauptstadt: An die eigene Nase fassen
DER SCHULENTWICKLUNGSPLAN IN DER DISKUSSION
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DER SCHULENTWICKLUNGSPLAN IN DER DISKUSSION LINKS UND RECHTS DER LANGEN BRÜCKE Die entscheidende Frage in der Diskussion um Schulschließungen wurde noch nicht beantwortet. Sie wurde noch nichteinmal von den Betroffenen gestellt. Die Stadtverwaltung plant das Espengrund- Gymnasium sowie die Gesamtschulen Rosa-Luxemburg, Ernst-Haeckel und Marie-Curie wegen geringer Anwahlzahlen und hoher Zuweisungsquote in den kommenden Jahren zu schließen. Der Grund dafür im Allgemeinen liegt auf der Hand: Die Schülerzahlen in der Sekundarstufe I werden sich ab dem Schuljahr 2004/05 halbieren. Schließen sollen daher die Häuser mit, salopp gesagt, dem geringsten Zuspruch bei der Auswahl von neuen Schülern im letzten Schuljahr. Die Frage, die sich die Betroffenen daher seit Jahren stellen müssten: Warum wollen so wenig Schüler an meiner Schule lernen? Als Grundschulen aus Mangel an Schülern schließen mussten, war jedem klar, dass dieses Szenario in spätestens sechs Jahren weiterführende Schulen betrifft. Selbst die CDU-Babelsberg setzt sich inzwischen für den Erhalt eines Babelsberger Gymnasiums ein, nicht für den Erhalt des Espengrund-Gymnasiums an dieser Stelle. Die Vorschläge, gerade diese vier Schulen zu schließen, kann daher nicht nur, wie von den Schulleitern gerne vorgeworfen, an den „nackten Zahlen der Verwaltung“ liegen. Die sind nicht nackt, sondern kleiden sich in Popularitäts- und Standortfaktoren. Wie viel Profil hat sich eine Schule bislang erarbeitet oder was bietet sie? Die Erstwünsche, für das Babelsberger Gymnasium waren es 40 (das Einstein-Gymnasium hatte 156) sind die Konsequenz eines selektiven Schulsystems, in dem Eltern ihre Kinder auf die ihrer Auffassung nach beste Schule schicken. Die Verwaltung lässt oberflächlich Zahlen sprechen, die jedoch stehen für Qualitätsmerkmale. Das die Schulwahl der Eltern keine Entscheidung für kurze Wege der Sprösslinge ist, zeigt die Lenné- Gesamtschule Zentrum Ost. Die Altersstruktur der Bevölkerung im näheren Einzugsgebiet liegt weit über der einer Familie mit schulpflichtigen Kindern: Und dennoch ist es der zweitbeliebteste Anlaufpunkt. Die Luxemburg-Schule gilt dagegen in der Öffentlichkeit als Auffangnetz anderenorts durchgefallener Schüler, ebenso die Haeckel-Schule. Die Marie-Curie-Schule leidet unter dem Image des Schlaatzes, das Espengrund-Gymnasium steht in der Gunst der Eltern weit hinter denen der anderen vier staatlichen Gymnasien in Potsdam. Natürlich, der Stadt geht es in erster Linie um Einsparungen – aber auch um Qualitätssicherung: sie will Standorte schließen, um andere zu sichern. Das Konzept ist ein Gesetz des Augenblickes. Denn die Zeit ist nicht reif für die Frage: Was will ich mir leisten. Noch lautet sie: Was kann ich mir leisten? Jan Brunzlow
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