Von Guido Berg: Anbieter verteuert Schulessen
Sunshine GmbH verweist auf Mehrwertsteuer-Änderung / Bundesfinanzministerium dementiert
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Viele Potsdamer Eltern werden 2009 mehr Geld für das Schulessen ihrer Kinder bezahlen müssen: Eine Preiserhöhung „pro Essen und Tag von 15 bis 20 Cent“ kündigte der Geschäftsführer der Sunshine Catering GmbH, Wolfgang Bischoff, gestern gegenüber den PNN an. Sunshine liefert laut Bischoff „über 1000 Essen pro Tag“ nach Potsdam. Das Schulverwaltungsamt der Stadt Potsdam habe dieser Verteuerung zugestimmt; sie werde ab 1. Februar 2009 gelten. In Potsdam kostet ein Schul essen bislang zwischen 1,85 und 2,15 Euro.
Als Grund nannte Bischoff eine bundesweite Neuregelung, wonach für Schulessen ab 1. Januar 2009 vollständig eine Mehrwertsteuer von 19 Prozent zu zahlen sei. Diese höhere Steuerbelastung müsse er an die Eltern weitergeben. Die Mehreinnahmen durch die Preiserhöhung werde vollständig an das Finanzamt abgeführt. Bisher ist Bischoff zufolge für die Leistung der Herstellung und Anlieferung des Essens nur eine Mehrwertsteuer von sieben Prozent erhoben worden.
Die Sprecherin des Bundesfinanzministeriums, Jeanette Schwamberger, widersprach gestern dagegen jeder Darstellung, wonach „der Bund die Steuer auf Schulspeisung erhöht“. Vielmehr ändere sich nichts; es habe im Oktober 2008 lediglich eine klärende Darstellung der Gesetzeslage gegeben, die auch schon vorher bestanden habe. „Es gibt keine Steuererhöhung über den Jahreswechsel“, so die Sprecherin. Nach ihrer Darlegung unterliege die Anlieferung von Lebensmitteln auch weiterhin einer Mehrwertsteuer von sieben Prozent. Für Leistungen wie die Aufbereitung und Ausgabe des Essens durch das Küchenpersonal und das Abwaschen des Geschirrs werde 19 Prozent Mehrwertsteuer erhoben. Dies ist der Ministeriumssprecherin zufolge nicht neu; Preissteigerungen beim Schulessen könnten nicht mit einer Mehrwertsteuererhöhung begründet werden. Sie verwies ferner auf Regelungen, die es ermöglichen, Essen in Schulen sogar umsatzsteuerfrei anzubieten – etwa wenn gemeinnützige Vereine oder der Schulträger selbst das Schulessen anbieten.
Sunshine-Chef Bischoff bekräftigte gegenüber PNN seine Sicht: In der Vergangenheit hätten die Finanzämter die Aufteilung der Mehrwertsteuer auf Schulessenversorgung in einen siebenprozentigen und einen 19-prozentigen Anteil „toleriert“. Ab 1. Januar 2009 würden „Bietergemeinschaften“ von einer Firma, die die Anlieferung macht und einer Firma, die die Küchenfrauen beschäftigt, die das Essen ausgeben, nicht mehr zugelassen. Bei 20 000 Essen, die die Sunshine GmbH täglich ausliefert, käme auf das mittelständische Unternehmen eine Steuermehrbelastung von einer Million Euro zu. Bischoff: Nur ganz große Marktanbieter im Catering-Bereich könnten das Risiko einer derartigen Steuernachforderung eingehen und auf die Weitergabe der Kosten an die Eltern verzichten und so einen Wettbewerbsvorteil erzielen.
Angaben anderer Lieferanten stützen Bischoffs Auslegung der Steuersituation nicht: Die apetito AG in Rheine, die in Potsdam zwei Schulen mit Essen beliefert, will ihre Preise nicht erhöhen. „Es ändert sich nichts“, so Sprecherin Judith Raussen. Apetito habe bereits seit 2007 den Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent entrichtet. Auch die Arbeiterwohlfahrt (Awo) wird ihr Schulessen nicht verteuern, erklärte Awo-Potsdam-Chefin Angela Basekow. Sie habe „keine Hinweise darauf, dass sich die Steuerbedingungen ändern“.
Hans-Jürgen Scharfenberg, Stadtfraktionschef der Linken, forderte gegenüber den PNN, die Stadt Potsdam müsse dafür sorgen, dass es nicht zur Verteuerung des Schulessens kommt: „Schließlich wollen wir in die andere Richtung.“
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