Landeshauptstadt: Anfassen oder weiterlaufen
Schlagersänger Bernhard Brink stellte gestern in den Bahnhofspassagen sein neues Album „33“ vor
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Als er dann auf der Bühne steht, sein schönstes Strahlen aufsetzt und schwungvoll im Takt der dumpfen Discobeats wippt, da ist die Welt für die zahlreichen, vornehmlich älteren Herrschaften in den Potsdamer Bahnhofspassagen für die Dauer einer Viertelstunde in Ordnung. Bernhard Brink steht im eigens für ihn aufgebauten Rampenlicht und stellt sein neuestes Album vor. Es trägt den schlichten Titel „33“ – so viele Jahre ist der Schlagerstar nämlich bereits in der Showbranche umtriebig.
Viele derjenigen, die sich an diesem Montagnachmittag in den Bahnhofspassagen versammelt haben, verfolgen die Karriere des Niedersachsen wenn nicht von Anbeginn, so doch schon seit etlichen Jahren. Für sie ist Brink ein Star zum Anfassen, einer der nicht abgehoben ist. Um ihm deshalb möglichst nah zu sein, sind sie bereits einige Zeit vor Beginn des Kurzauftritts um 15 Uhr in die Passagen gekommen. So auch Waltraud Mittler. Die Dame mit der lockigen Kurzhaarfrisur und der fellbesetzten Jacke steht bereits seit einer halben Stunde in der Bahnhofshalle, „um bloß nichts zu verpassen“. Als ihr Lieblingssänger dann endlich mit seinem Kurzprogramm beginnt, schiebt sie sich mit kleinen, drängelnden Schritten durch die Menge, bis ganz nach vorn an den Bühnenrand.
Bernhard Brink spielt ausschließlich Lieder aus seinem aktuellen Werk, „denn die ganzen alten Sachen wie ,Nikita kennen wir alle schon“. Der Wahlberliner trägt eine schwarze Lederjacke über einem groben Strickpullover. Seine Haare legen sich in sanften Wellen um den Kopf. Mit festem Griff hält er das Mikrofon. Brink singt von der Liebe und dem Verlassenwerden, von Sehnsucht und Melancholie. Und obwohl die Platte erst wenige Tage vor diesem Auftritt erschienen ist, so zeigt sich das Publikum bei Stücken wie „Die Zeit heilt keine Wunden“ oder „Am allerliebsten“ bereits erstaunlich textsicher – viele singen Strophe um Strophe mit. Als Bernhard Brink seine Vorstellung nach dem fünften Lied beendet und auf den Verkaufsstand mit den CDs inklusive der Möglichkeit zu Autogrammen verweist, haben einige der Anwesenden noch längst nicht genug. Doch Forderungen nach einer Zugabe verhallen in den Bahnhofspassagen ungehört.
Keine Frage: Derartige Auftritte gehören für jemanden wie Bernhard Brink zur Routine des täglichen Musikgeschäfts. Und deshalb weiß er auch genau, an welcher Stelle beiläufig ein kleiner Scherz einzustreuen ist. Als eine Frau dem 53-jährigen Sänger beharrlich einen in Papier eingewickelten Blumenstrauß vor die Nase hält, gibt sich Brink gespielt verwirrt und fragt: „Was ist das denn – ein Kondom?“ Vielen Gästen ist dieser Scherz einen Lacher wert.
Andere, die mit ihren Einkaufstüten am Geschehen vorbeihuschen, werfen einen kurzen, verwunderten Blick auf die Bühne und laufen weiter. hey
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