Landeshauptstadt: Angeklagter: „Soll ich vielleicht verhungern?“ Unternehmer wegen Verletzung der Unterhaltspflicht angeklagt
Von gabriele Hohenstein „Soll ich vielleicht verhungern?“, empört sich Frank L.
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Von gabriele Hohenstein „Soll ich vielleicht verhungern?“, empört sich Frank L. (41) vor dem Amtsgericht. Der Unternehmer ist der Unterhaltspflichtverletzung an seinen beiden Kindern angeklagt. Obwohl der geschiedene Potsdamer im Jahr 2002 relativ gut verdiente, soll er sich davor gedrückt haben, Michelle (14) und Robin (12), die bei seiner Ex-Frau leben, den ihnen zustehenden Unterhalt in Höhe von insgesamt 476 Euro pro Monat zu zahlen. „Laut Gesetz darf ich 840 Euro meines Einkommens behalten“, zeigt sich der Angeklagte gut informiert. „Allein 500 Euro gehen für die Miete drauf. Dazu kommen etwa 300 Euro Benzingeld für das Auto, das ich dringend brauche, um Kunden zu besuchen.“ Die Richterin ist wenig beeindruckt. „Dann hätten Sie eben in eine billigere Wohnung ziehen müssen“, stellt sie klar. „Unterhalt geht allen anderen Verpflichtungen vor. Sollen Ihre Kinder etwa verhungern?“ Frank L. gibt sich nicht so leicht geschlagen. Von knappen 80 Euro im Monat könne er sich nicht kleiden und ernähren, rechnet er erregt vor. „Und meine Kinder haben erst recht nichts davon, wenn ich verhungert bin“, schiebt er nach. Schließlich sei es ja nicht so, dass er sich gar nicht um seinen Nachwuchs gekümmert habe. „Michelle und Robin haben von mir Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke erhalten. Wenn Robins Brille kaputt war, habe ich sie reparieren lassen. Und an den Kosten für Klassenfahrten habe ich mich auch beteiligt.“ „Ihre Kinder können schließlich nicht den Putz von den Wänden futtern“, wird die Vorsitzende langsam ärgerlich. „Sie waren in der Zahlungspflicht und haben diese verletzt. Das ist eine Straftat, für die Sie sich heute verantworten müssen.“ Doch Frank L. sieht sich nicht als Straftäter. Vielmehr trügen die Umstände an allem Schuld. Da er nicht mit der vom Familiengericht festgelegten Höhe des Unterhalts einverstanden gewesen sei, habe er das Oberlandesgericht in Brandenburg angerufen. Unverständlicherweise habe dieses die Entscheidung der ersten Instanz bestätigt. In Ermangelung finanzieller Rücklagen habe er den Rechtsweg nicht weiter beschritten, sondern das Urteil wirksam werden lassen. „Es geht unter dem Strich nicht darum, Sie einzusperren“, resümiert die Richterin. „Dann sehen Ihre Kinder wieder kein Geld.“ Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft wird das Verfahren eingestellt. Frank L. muss sich verpflichten, den Unterhalt an seine Sprösslinge ein Jahr lang pünktlich zu begleichen und dies dem Gericht monatlich nachzuweisen.
gabriele Hohenstein
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