Landeshauptstadt: Angeklagter: Waren aus Personalverkäufen
Zweiter Verhandlungstag im „Rossmann-Prozess“/Geldbußen
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Zweiter Verhandlungstag im „Rossmann-Prozess“/Geldbußen Von Gabriele Hohenstein „Nicht gerade ein Actionfilm“, kommentiert der Verteidiger von Roy L. das Geschehen auf der gerichtseigenen Mattscheibe. Auf dem an diesem zweiten Verhandlungstag gezeigten Video ist minutenlang das Zentrallager von Rossmann zu sehen, ohne das dem Betrachter nennenswerte Aktivitäten geboten werden. Dann meldet die Stimme des observierenden Detektivs verdächtige Personenbewegungen. Ein Mann springt von der Rampe eines Containers, belädt einen in der Nähe geparkten Pkw mit einem braunen Karton. Eine Frau kommt hinzu. Beide steigen in das Auto, verlassen das zu dieser späten Stunde verwaiste Betriebsgelände. Es sind ganz offensichtlich die Angeklagten. Roy L. (36) und Gabriele R. (42) verfolgen das Band ohne nennenswerte Gemütsbewegung. Der Staatsanwalt wirft dem Potsdamer vor, am 18. August 2001 aus dem Lager der Firma Rossmann Am Verkehrshof u. a. elektrische Haarschneider, Dampfbügeleisen, Toaster, ein Plantschbecken, Reinigungsmittel, Waschpulver, Katzenfutter sowie elf Fußmatten entwendet zu haben. Seiner Kollegin wird der Diebstahl von mindestens drei Ferngläsern sowie drei Paar Kopfhörern zur Last gelegt (PNN berichteten). Während Gabriele R. an beiden Prozesstagen eisern schwieg, behauptete Roy L., die während einer Hausdurchsuchung von der Polizei sichergestellten Waren würden aus Personalverkäufen stammen, die er als Betriebsangehöriger für billiges Geld rechtmäßig erworben habe. Zu jener Zeit sei es bei Rossmann gängige Praxis gewesen, abgeschriebene oder überlagerte Artikel gleich kistenweise an die Mitarbeiter zu veräußern. Kassenzettel habe es allerdings bei den vom damaligen Lagerchef veranstalteten Aktionen nicht gegeben. „Ganz eindeutig hat mein Mandant an diesem 18. August nicht den Großteil der später sichergestellten Waren eingeladen“, stellt der Verteidiger von Roy L nach Betrachten des Videos klar. Und überhaupt könne man ihn keinesfalls des Diebstahls überführen. „Wer sagt uns denn, dass er die Kiste, die er ins Auto geladen hat, nicht schon vorher bezahlte?“ Roy L. bleibt dabei, mit Wissen des inzwischen von seiner Funktion entbundenen Lagerleiters gehandelt zu haben. Der wurde zwar ausdrücklich als Zeuge geladen, ließ dem Gericht aber kurz vor Verhandlungsbeginn ein Fax zukommen. Er leide an Bandscheibenvorfall, könne deshalb leider nicht erscheinen, so der Mann, gegen den die Staatsanwaltschaft gleichfalls wegen Diebstahls ermittelte. Während seiner polizeilichen Vernehmung sagte er u. a. aus, da das Lager geschlossen werden sollte, hätten die Mitarbeiter alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war. Der Vorsitzende Richter glaubt die Geschichte mit den angeblich überlagerten Sachen nicht. „Es macht doch keinen Sinn, sich Zuhause ein Lager mit Waren zuzulegen, die sich kurz vor dem Verfallsdatum befinden“, wirft er ein. Doch Roy L. sieht das anders. „Ich habe beispielsweise drei Katzen, die fressen schon was weg“, erklärt er seine Vorratswirtschaft. Die Verteidiger regen an, das Verfahren gegen eine Geldbuße einzustellen, wenngleich ihnen ein Freispruch ihrer bislang nicht vorbestraften Mandanten lieber wäre. Staatsanwaltschaft und Gericht sind einverstanden. Roy L. muss 250 Euro, Gabriele R. 100 Euro an die Staatskasse zahlen.
Gabriele Hohenstein
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