Aus dem GERICHTSSAAL: Angriff aus Rache?
Gericht: Es bleiben Zweifel / Freispruch
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Mario M.* (25) glaubt, seine ehemalige Nachbarin wolle ihm eins auswischen. „Die erzählt Märchen“, ist sich der Angestellte sicher. Als man noch gemeinsam in einem Mietshaus wohnte, habe die Frau ständig hinter der Tür gestanden, bereit, die Polizei beim ersten Ton seiner Stereoanlage zu alarmieren. „Die Verfahren wurden aber alle eingestellt. Das hat sie gewurmt. Jetzt soll ich sie absichtlich verletzt haben.“
Laut Staatsanwaltschaft soll Mario M. am Abend des 19. September 2005 mit seinem Fahrrad in der Heinrich-Mann-Allee auf das Rad der 61-Jährigen aufgefahren sein, um sie zu Fall zu bringen. Die Potsdamerin erlitt eine starke Prellung der linken Wade, klagte tagelang über Schmerzen. „Zur angegebenen Tatzeit, also um 19.30 Uhr, war ich am anderen Ende der Stadt“, stellt der wegen Körperverletzung sowie gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr Angeklagte klar. „Ich habe damals in der Großbeerenstraße gearbeitet und hatte um 19.40 Uhr Dienstschluss.“ Ein entsprechendes Protokoll in der Gerichtsakte bestätigt die Angaben des jungen Mannes.
„Wir haben ein Jahr lang im selben Haus gewohnt. Das war eine Katastrophe“, stöhnt Gisela G.* im Zeugenstand. Mario M. habe seine Zigaretten auf ihrem Fußabtreter ausgedrückt, ihr Namensschild vom Briefkasten gerissen, Steine gegen ihre Fenster geworfen ... „An dem bewussten Tag war Mario mir gegenüber schon morgens äußerst aggressiv“, erzählt die Rentnerin. Am Abend – sie sei in aller Seelenruhe die Heinrich-Mann- Allee stadtauswärts geradelt – habe sie plötzlich einen starken Ruck am Hinterrad verspürt. „Ich kam ins Schwanken, konnte mich allerdings noch aufrecht halten. Aber mein Fuß war in der Pedale eingeklemmt.“ Während sie damit beschäftigt gewesen sei, den Schreck zu verdauen, habe sich Mario M. mit seinem Rad vor ihr aufgebaut und ihr Dresche angeboten. „Das war übrigens nicht das erste Mal“, so Gisela G. Zu Hause angekommen, sei ihr Fuß immer dicker geworden, habe später grün und blau geschillert. „Ich humpelte ein paar Tage später zu meiner Ärztin. Die riet mir, Anzeige zu erstatten“, berichtet die Seniorin. Seit die Staatsanwaltschaft gegen Mario M. ermittelt habe, sei Ruhe eingekehrt. „Ich denke, er wollte seine Grenzen austesten“, mutmaßt die Frau.
„Wem von beiden soll man glauben?“, rätselt die Richterin. „Die Zeugin riskiert, bei einer Falschaussage bestraft zu werden. Der Angeklagte hat für die Tatzeit ein Alibi.“ Theoretisch bestände allerdings die Möglichkeit, dass sich Gisela G. in der Uhrzeit irrte, später mit Mario M. zusammentraf. „Auf alle Fälle bleiben Zweifel. Die schlagen zu Gunsten des Angeklagten zu Buche.“ Freispruch! (*Namen geändert.) Hoga
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