Aus dem GERICHTSSAAL: Angriff durch Maskierte und Vermummte Opfer waren Rechte Freispruch für Angeklagte
Es ist der 7. November 2003, kurz vor 23 Uhr.
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Es ist der 7. November 2003, kurz vor 23 Uhr. Im „Archiv“ in der Leipziger Straße ging gerade eine Veranstaltung zu Ende. Zahlreiche der meist linksgerichteten Besucher strömen zum Hauptbahnhof. Wenig später gerät auf dem Vorplatz eine kleine Gruppe schwarz Gekleideter und zum Teil Vermummter mit einem Dutzend augenscheinlich der rechten Szene Zugehörigen aneinander. Es fallen Sätze wie: „Scheißnazis, wir hauen euch ein paar in die Fresse.“ Die verbal Angegriffenen kontern. Bierflaschen fliegen. Die vermeintlich Linken zücken Schlagstöcke, prügeln auf ihre Gegner ein. Als Polizeisirenen ertönen, flüchten sie in Richtung Brauhausberg. Die in Bomberjacken und Springerstiefel Gewandeten nehmen die Verfolgung auf. Bevor mehr passieren kann, trennen Polizeibeamte die Kontrahenten, stellen zwei der vermutlichen Täter.
Zwei Tage lang verhandelte das Amtsgericht jetzt gegen Wolfram K. (22) und Tino H. (21), hörte eine Unmenge von Zeugen. Die der gefährlichen Körperverletzung Angeklagten schwiegen zum Tatvorwurf. Die teils einschlägig vorbestraften Opfer gaben unumwunden zu, damals eine rechte Gesinnung gepflegt, ganz bewusst die Auseinandersetzung mit Andersdenkenden gesucht zu haben. Diesmal hätten jedoch die Linken angefangen. Allerdings sei ihm – entgegen der Anklage – der Arm nicht durch einen Hieb mit einem Teleskopschlagstock gebrochen worden, berichtete Stefan K. (19). „Ich bin zwar mit dem Krankenwagen ins Bergmann-Klinikum gebracht worden. Aber es war nicht so dramatisch“, betonte der künftige Landschaftsgärtner.
Ein Mitglied aus der Gruppe der Rechten, dessen Aussage während des Ermittlungsverfahrens im Prozess verlesen wurde, trug eine stark blutende Schnittwunde an der Hand davon, als eine in seiner Jackentasche steckende Bierflasche durch einen Stockschlag zerbarst.
Christopher S. (19) wurde für seine Zeugenaussage in Handfesseln aus dem Jugendgefängnis Wriezen vorgeführt. „Die Maskierten haben uns ein bisschen verhauen, weil wir Nazis sind“, gab er als mögliches Angriffsmotiv an. „Ich habe auch was mit dem Schlagstock abgekriegt und hatte hinterher einen blauen Fleck.“ Ob die Angeklagten unter den Tätern waren, vermochte er – wie sämtliche anderen Zeugen – nicht zu sagen. Der Polizeibeamte Oliver S. (36) nahm Wolfram K. und Tino H. noch in der selben Nacht fest. Zwar war einer von beiden maskiert, dunkle Kleidung trug aber keiner.
Dass sich die Angeklagten am Tatort befanden, stand nach Abschluss der Beweisaufnahme für das Gericht fest. Zweifel blieben allerdings, ob sie die Schläger waren. Freispruch! Hoga
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