Sport: „Angriff ohne Harakiri-Kurs“
Heidenheims Trainer Frank Schmidt über Kälte, seine neuen Stürmer und das Heimspiel gegen Babelsberg
Stand:
Guten Tag, Herr Schmidt. Bei Ihnen in Heidenheim ist es hoffentlich nicht so kalt wie hier in Potsdam, wo am heutigen Mittwoch gerade minus zehn Grad herrschen.
Bei uns ist es sogar kälter. Wir sind hier auf der rauhen Ostalb und haben in den letzten Tagen bei knapp unter minus 20 Grad trainiert. Da ist es heute Mittag bei minus 11 Grad richtig kuschlig.
Kann denn am Samstag in Ihrer Voith- Arena Heidenheims Drittliga-Heimspiel gegen den SV Babelsberg 03 stattfinden?
Ja, ich denke schon, zumal es laut Wettervorhersage in den nächsten Tagen noch einige Grad wärmer werden soll. Schnee soll nicht mehr kommen, die Rasenheizung läuft und wir wollen unbedingt spielen.
Babelsberg wird sich also auf angenehm weichen Rasen statt auf hart gefrorenen Boden freuen?
Normalerweise schon. Klar ist, dass eine Rasenheizung bei minus 20 Grad auch an ihre Grenzen stößt. Wir werden am Samstag keinen Teppich haben, aber mit Sicherheit nicht den schlechtesten Platz.
Heidenheims Spiel am vergangenen Samstag in Jena fiel aus, weil der FC Carl Zeiss aus Kostengründen seine Rasenheizung nicht einschaltete.
Das hat mich schon geärgert, denn wir hätten gern gespielt.
Nun kommt der Tabellen-14. Babelsberg, der in diesem Jahr erst einen Punkt holte – Ihre Mannschaft ist klarer Favorit.
Na, Babelsberg ist Sechster in der Auswärts-Tabelle und wir haben noch kein Spiel gegen diese Mannschaft gewonnen, das möchte ich auch mal betonen. Daher wissen wir, dass Babelsberg ein sehr unangenehmer Gegner sein kann, vor dem wir Respekt haben. Im Hinspiel haben uns selbst ein 2:0 und 70 Minuten Dominanz nicht gereicht, Babelsberg zu besiegen. Das sagt schon viel über diese Mannschaft aus.
Heidenheim hat von allen Drittligisten in der Winterpause mit fünf Neuzugängen am kräftigsten aufgerüstet – wollen Sie noch mit aller Kraft den Aufstieg schaffen?
Man muss dazu wissen, dass uns mit Andreas Spann, Adam Jabiri und Nico Frommer drei Stürmer schon wochen- und monatelang ausfallen. Unser Kapitän Martin Klarer konnte nur die ersten 45 Minuten in dieser Saison spielen, ehe er sich an der Wade verletzte, und David Schittenhelm erlitt im Trainingslager einen Kreuzbandriss. Daher war uns klar, dass wir im Winter etwas tun müssen. Wir haben die Hinrunde analysiert, in der wir durchschnittliche und gute Spiele hatten. Aber die Nachhaltigkeit war nicht vorhanden. In engen Spielen war es oft so, dass uns mitunter der letzte Biss und die letzte Qualität zum Sieg fehlten. In unserer Liga gibt es in diesem Jahr keine dominierende Mannschaft wie Braunschweig und Rostock in der vergangenen Saison. Daher haben wir beschlossen, dass wir angreifen, ohne dass der Verein einen Harakiri-Kurs fährt und den Boden unter den Füßen verliert. Es ist alles durchdacht. Wohl wissend, dass es keine Erfolgsgarantie gibt. Wir sind Jäger und haben einen Rückstand, den wir erst einmal aufholen müssen.
Was machbar erscheint. Heidenheim steht vier Punkte vom Relegationsplatz entfernt.
Ja, aber das gilt für viele andere Mannschaften auch. Wir wollen versuchen, am Schluss vorn ein Wörtchen mitzureden. Aber das gilt fast für die halbe Liga.
Dazu muss am Samstag ein Heimsieg gegen Babelsberg her.
Das ist auch unser Ziel. Gerade zu Hause haben wir unsere Punkte geholt. Natürlich wollen wir gern gegen Babelsberg gewinnen. Aber ich vermute, mein Kollege Dietmar Demuth hat etwas dagegen.
Sind Sie sicher, nach dem 2:2 in Babelsberg diesmal zu gewinnen?
Sicher gibt es in unserem Job nicht. Man kann sich gut vorbereiten, trotzdem ist in dieser Liga alles möglich. Gerade auch gegen die Babelsberger, die auswärts sehr unangenehm sein können, was sie zuletzt wieder in Saarbrücken zeigten, als sie nach sieben Minuten 2:0 führten. Wir müssen dem Spiel unseren Stempel aufdrücken und zugleich gerade auf Babelsbergs Offensive aufpassen, von der ich viel halte. Mir würde am Samstag schon ein 1:0 reichen.
Bei Ihrem 1:0-Heimsieg zuletzt gegen Rot-Weiß Oberhausen hat Tobias Rühle getroffen, der seit vergangenem Sommer für Heidenheim spielt, und keiner Ihrer beiden neuen Stars Michael Thurk und Patrick Mayer, die im Winter vom Erstligisten FC Augsburg kamen. Wie lange werden die beiden noch zum Eingewöhnen brauchen?
Gegen Babelsberg werden die beiden schon weiter sein. Im ersten Spiel in Chemnitz haben wir vor allem auf ihre individuelle Qualität gesetzt, weil wir da noch nicht viel Zeit zum Einspielen hatten. Gegen Oberhausen war es schon besser, als wir uns sechs, sieben Möglichkeiten erspielten. Patrick Mayer ist durch sein regelmäßiges Training vor dem Wechsel schon weiter als Michael Thurk, der ein halbes Jahr nicht trainierte, für uns aber noch ganz wichtig sein wird. Bei ihm kommt es nicht nur auf Tore an, sondern auch darauf, wie er seine Aufgaben innerhalb der Mannschaft erfüllt.
Wie sehen diese Aufgaben aus?
Ein Mann mit solcher Erfahrung wie er, der motiviert und fit ist, ist für jede Mannschaft der Dritten Liga wertvoll. Er hat ein sehr gutes Spielverständnis und weiß genau, wie er sich in bestimmten Spielsituationen verhalten muss. Er kann ein Spiel auf sich ziehen und andere so freispielen und weiß auch, was innerhalb eines Spiels psychologisch zu tun ist. Für junge, unerfahrenere Spieler ist er ein Anker auf dem Feld, an dem sich andere orientieren. Das Wertvollste für uns aber ist, dass er sich hier nahtlos eingefügt hat und vom Status Star weit entfernt ist.
Haben Sie neben den genannten Langzeitverletzten am Samstag weitere Ausfälle?
Mit Stand vom heutigen Mittwoch sind alle Spieler, die zuletzt einsatzbereit waren, auch alle fit.
Das Interview führte Michael Meyer.
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