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Landeshauptstadt: Anklage im Fall Magnus

Zwei Jahre nach dem tödlichen Unfall eines Kindes hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen beendet

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Darauf haben die Eltern des tödlich verunglückten Kleinkinds Magnus Becker knapp zwei Jahre lang gewartet: Der Unfall ihres damals 18 Monaten alten Sohns in der Babelsberger Kita „Regenbogenland“ wird aller Wahrscheinlichkeit nach von einem Gericht untersucht. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft hat jetzt Anklage gegen die damalige Leiterin der Kita wegen fahrlässiger Tötung erhoben, bestätigten gestern sowohl Behörden-Sprecher Christoph Lange als auch der Anwalt der Eltern von Magnus. Nun muss das Potsdamer Amtsgericht im so genannten Zwischenverfahren dem Prozess zustimmen – ein Prozedere, das in Fachkreisen gemeinhin als Formsache gilt.

In ihrer kurzen Anklage wirft die Staatsanwaltschaft der 40 Jahre alten Sabrina M. vor, dass sie ein in der Kita gefertigtes Igluzelt aus biegsamen Weidenzweigen als gefährliches Objekt hätte erkennen müssen. Magnus war am 26. Juni 2006 leblos in dem Iglu gefunden worden. Er verstarb am 4. Juli. Zunächst hatte das Diakonische Werk Potsdam als Kita-Träger die Halskette von Magnus, die er auf Wunsch seiner Mutter getragen habe, für die Strangulation verantwortlich gemacht. Erst mit einem von den Eltern beauftragten Gutachten änderte sich die Sicht: Nicht die Kette habe den Unfall verursacht, sondern das Iglu-Konstrukt aus Weidenzweigen und einem quer gespannten Seil sei zur tödlichen Falle geworden, hieß es (PNN berichteten). Als eine Reaktion hatte Potsdams Sozialbeigeordnete Elona Müller an Kitas appelliert, selbst gebaute Spielgeräte überprüfen zu lassen. Auch die Staatsanwaltschaft übernahm die Sicht, dass das Iglu für den Unfall verantwortlich gewesen sei. Zu einer möglichen Entschuldigung bei den Eltern für die damals öffentliche Darstellung des Falls wollte sich Diakonie-Chef Marcel Kankarowitsch gestern nicht äußern. Auch der Anwalt von Sabrina M., die inzwischen in Bayern wohnt, wollte sich nicht äußern.

Noch vor kurzem hatten die Eltern von Magnus befürchtet, dass der Fall ohne juristische Konsequenzen bleiben könnte: Die Potsdamer Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen gegen eine Erzieherin eingestellt, die an dem Unglückstag die Gruppe von Magnus betreuen sollte. Gegen diese Entscheidung der ermittelnden Behörde haben die Eltern eine Beschwerde an die Brandenburger Generalstaatsanwaltschaft geschickt. „Diese Anklage enthält die entgegengesetzten Argumente, mit denen die Ermittlungen gegen die Angestellte eingestellt wurden – das passt nicht zusammen“, sagte Eltern-Anwalt Andreas Wattenberg.

In der Beschwerde sei zudem die Stellungnahme von Experten für Gerichtsmedizin enthalten, die schon andere Analysen für die Familie vorgenommen hatten: Darin werde erneut die Sicht der Potsdamer Rechtsmedizin kritisiert und widerlegt, Magnus sei nur drei Minuten – offenbar ohne Aufsicht – stranguliert worden. Die Eltern gehen von bis zu 20 Minuten ohne Luft aus. HK

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