Aus dem GERICHTSSAAL: Anklage: Jagdmesser in den Bauch des Freundes gestoßen
Klinge prallte zum Glück an einer Rippe des Opfers ab / Ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung
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Als sein Freund mit dem Jagdmesser vor einem Partygast herumfuchtelte, musste Florian F.* (20) sofort an seinen Kumpel David Fischer denken. Der 21-Jährige wurde im Sommer 2006 nach einem Streit in der Charlottenstraße erstochen. Die Bilder von damals vor Augen, versuchte Florian, seinen betrunkenen Freund und Kollegen Marius M.* zu beruhigen. Kurz danach hatte er die Klinge des 35 Zentimeter langen Messers im Oberbauch – und riesiges Glück, da sie an einer Rippe abprallte. So wurde Marius M. gestern „nur“ wegen gefährlicher Körperverletzung zu einem Jahr Freiheitsstrafe, ausgesetzt zu dreijähriger Bewährung, verurteilt. Das Schöffengericht hielt dem werdenden Vater seine hohe Alkoholisierung (2,26 Promille), kombiniert mit einem „affektiven Erregungszustand“, zugute.
„Florian ist mir ins Messer gelaufen“, beteuerte Marius M.* (24) mit dem Kindergesicht. „Ich wollte ihn bestimmt nicht verletzen.“ Er habe am 29. April vorigen Jahres mit Bekannten in seiner Einraumwohnung getrunken und Musik gehört gehört. Gegen Mitternacht habe der Vermieter angerufen, sich über den Lärm beschwert. „Ich wollte, dass die Leute gehen. Aber sie haben mich ignoriert“, berichtete der bei einer Zeitarbeitsfirma Beschäftigte. „Plötzlich hatte ich das Messer in der Hand.“ In diesem Moment sei Florian F. auf ihn zugestürmt.
Florian F. bestritt diese Version im Zeugenstand. „Ich stand vor ihm und sagte, mach keine Scheiße, pack das Messer weg. Da stach er einfach zu. Ich konnte ihn reflexartig wegstoßen. Sonst wäre vielleicht noch mehr passiert“, mutmaßte das Opfer. Allerdings habe er eine vier Zentimeter lange Narbe zurückbehalten und noch heute Angst, abends alleine auf die Straße zu gehen.
„Zuerst wollte Marius mit dem Messer auf mich los. Da kam Florian und sagte, lass das“, erinnerte sich ein Zeuge. In dem Moment habe der Angeklagte ausgeholt. „Florian ist dem nicht ins Messer gelaufen.“ „Wir haben Marius nicht ernst genommen, als er sagte, dass wir gehen sollen“, erzählte eine Zeugin. „Auf einmal hat er das Messer ergriffen und zugestoßen.“ Ein weiterer Ex-Feiergast berichtete: „Marius ist eigentlich ein ruhiger Typ. Aber er kriegte im Laufe des Abends mehr und mehr schlechte Laune. Irgendwann wollte er uns alle rausschmeißen.“ Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, habe er „die Tatwaffe“ aus der Schrankwand geholt.
Stichverletzungen in den Bauchraum seien „vom Prinzip her“ lebensbedrohlich, geht aus einem ärztlichen Bericht hervor, den die Vorsitzende verlas. Es sei ein sehr glücklicher Umstand, dass die Messerklinge lediglich vier Zentimeter tief in den Körper des Opfers eindrang. (*Namen geändert.) Hoga
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