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Aus dem GERICHTSSAAL: Anklage: Kleine Kinder grob misshandelt

Gutachter: Verletzungen passen nicht zur Aussage der Mutter / Freispruch

Stand:

Jule* (6) und Florian* (4) tobten am Abend des 12. Februar 2007 im Wohnzimmer. Wenig später sollen sie verängstigt und weinend auf ihren Betten gesessen haben. Marina M.* (28), die Mutter der Kinder, bezichtigte ihren Lebensgefährten bei der Polizei, das Geschwisterpaar an diesem Tag grob misshandelt zu haben. So soll der Mann das Mädchen an Armen und Beinen gepackt, auf den Boden geschleudert, es gar getreten haben. Der Junge sei von ihm hochgerissen und auf sein Bett geworfen worden. Beide Kinder – das geht aus Fotos in der Gerichtsakte hervor – hatten später kleinere Hämatome an Gesäß und Beinen.

Andreas A.* (34), angeklagt wegen Körperverletzung in zwei Fällen, bestritt die Misshandlung gestern vor Gericht. „Ich musste zur Nachtschicht. Davor wollte ich mich noch ein bisschen auf der Couch ausruhen“, so der Mechaniker. Als ihm ein Spielzeug an den Kopf flog und Jule wie ein Wirbelwind am Sofa vorbeiflitzte, habe er sie mit ausgestrecktem Bein gestoppt, von hinten an den Armen ergriffen und in ihr Zimmer getragen. In diesem Moment sei ihm Florian ins Genick gesprungen, an seinem Rücken abgerutscht und zu Boden gefallen. Ihn habe er danach „ganz normal“ in sein Bett verfrachtet, beteuerte Andreas A. Das Paar – es hat noch einen gemeinsamen zweijährigen Sohn – geht inzwischen getrennte Wege. Um seinen Sprössling kümmert sich Andreas A. laut eigenem Bekunden gern und regelmäßig. Auch zu Jule und Florian habe er „ein Superverhältnis“. „Sie kommen immer gleich angelaufen, wenn sie mich sehen. Wir wohnen ja alle in der Waldstadt“, erzählte er.

„Wir waren überlastet. Die Kinder sind nicht gerade einfach“, schilderte Marina M. auf dem Zeugenstuhl. Am Tattag habe es erneut Streit wegen der Wildheit der beiden gegeben. „Ich bin ins Schlafzimmer gegangen, um mich zu beruhigen. Als ich wieder rauskam, sah ich, wie Andreas meine Tochter über kreuz an Arm und Bein nahm und in Richtung Wand warf.“ An Tritte, die sie der Polizei gegenüber erwähnte, konnte sich die Frau nicht mehr erinnern. „Aber ich habe noch ein Bild im Kopf, wie er Florian auf sein Bett wirft. Der ist danach ein bisschen gegen die Wand gekommen.“ Der rechtsmedizinische Gutachter vermochte die von der Kinderärztin attestierten blauen Flecke nicht mit den von der Zeugin geschilderten Handlungen in Übereinstimmung zu bringen. „Ein Hämatom am linken Unterschenkel von Jule sieht allerdings nach einem Tritt aus“, gab er zu bedenken. Ob der Abdruck von einem Erwachsenen oder vielleicht vom Fuß des kleinen Bruders stammte, ließ sich nicht klären. „Das Gericht hätte das Gutachten nicht in Auftrag gegeben, wenn es eindeutige Beweise gehabt hätte“, betonte die Vorsitzende. Die hatte es danach allerdings auch nicht. Freispruch in dubio pro reo. (*Namen geändert.) Hoga

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