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Aus dem GERICHTSSAAL: Anklage: Rokoko-Vase unterschlagen

Antiquitätenhändler bestreitet den Vorwurf

Stand:

Etwas blauäugig ging Leon L.* (25) schon an den Verkauf seiner vermeintlichen Rokoko-Vase heran. Der junge Mann hatte das gute Stück für 900 Euro erworben, wollte es später bei Ebay mit Gewinn veräußern. Ein Fachmann hatte ihm gesagt, die Vase sei mindestens 2300 Euro wert. Leon L. wollte ein zweites Gutachten einholen, stellte das Exponat am 2. Februar dem Antiquitätenhändler Gabriel G.* (61) vor. Der saß gestern wegen Unterschlagung auf der Anklagebank. „Das ist so etwas von abenteuerlich. Ich handle seit 14 Jahren weltweit mit Altertümern. Und jetzt muss ich mich von einem Psychopathen an der Nase herumführen lassen“, erboste sich der in einen gelben Schal Gewandete zu Prozessbeginn. Folgt man seinen Beteuerungen, so habe er sich erboten, die Vase unentgeltlich zu begutachten – allerdings mit der Option, sie zu erwerben, um sie selbst zu verkaufen. Nach Rücksprache mit mehreren Sachverständigen sei er zu dem Schluss gekommen, mehr als 900 Euro könne er dafür nicht zahlen. „Es handelte sich um eine nicht unproblematische Silbervase. Ihre Herkunft war unklar, das Muster nicht gängig“, so Gabriel G. Nach zwei Versuchen, den Eigentümer zu sprechen, habe er ihn am 10. Februar telefonisch erreicht, ihm besagte 900 Euro geboten. Nach anfänglichem Zögern habe sich Leon L. mit dem Verkaufspreis einverstanden gezeigt, beteuerte der Angeklagte. Leon L. habe auch die angebotene Ratenzahlung von drei mal 300 Euro akzeptiert. „Von da an glaubte ich, uneingeschränkt verfügungsberechtigt zu sein.“ Deshalb sei er auch überrascht gewesen, als der Potsdamer danach samt Bruder in seinem Ladenlokal erschien und ihn bedrohte.

„Ich habe dem Händler die Vase für zehn Tage zur kostenlosen Begutachtung überlassen. Ich wolle wissen, welcher König oder Kurfürst da drauf ist“, berichtete Leon L. im Zeugenstand. „Danach wollte ich sie bei Ebay anbieten.“ Als der Angeklagte ihn anrief, den Ankauf bestätigte und ihm lediglich 900 Euro bot, sei er „sehr verdutzt“ gewesen. „Dann hätte ich doch gar keinen Gewinn erzielt.“ Aus seiner Sicht sei er keinen Kaufvertrag eingegangen, so der Angestellte. Deshalb erstattete er Strafanzeige gegen Gabriel G. „Ein Händler wird der kostenlosen Begutachtung nur zustimmen, wenn er sich ein Geschäft davon verspricht“, stellte der Verteidiger klar. „Normalerweise kostet eine Expertise zwischen 500 und 1000 Euro.“ Dem Angeklagten sei nicht zu beweisen, sich vorsätzlich fremdes Eigentum angeeignet zu haben, befand Amtsrichter Wolfgang Peters. Freispruch für Gabriel G. Die Vase hat inzwischen einen neuen Eigentümer. Wie viel er dafür bezahlt hat, ist nicht bekannt. (*Namen geändert.) Hoga

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