Landeshauptstadt: Anklage: Tritt gegen ein Polizistenbein
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Von Gabriele Hohenstein Joseph K. (28) mit den Rasta-Locken beteuert: „Ich habe keinen Polizisten getreten.“ Allerdings räumt der Sudanese ein mögliches versehentliches Berühren des Ordnungshüters während des „Kampfes“ ein. Am 27. Februar vorigen Jahres – so der arbeitslose Musikus – sei er mit einem Landsmann durch die Bahnhofspassagen geschlendert. Selbiger habe sich plötzlich im Handgemenge mit einem jungen Deutschen befunden. „Wie es dazu kam, kann ich nicht sagen. Ich lief etwas abseits“, erinnert sich Joseph K. Irgendjemand habe den Bundesgrenzschutz gerufen, der die Kampfhähne trennte. „Dann sollten wir alle unsere Personalien angeben. Mein Freund und ich hatten keine Papiere dabei. Deswegen mussten wir mit auf die Wache“ , übersetzt die Dolmetscherin des Sudanesen Redefluss. Dies habe er selbstverständlich rein freiwillig getan. An besagtem Abend sei er im Bahnhof unversehens von hinten angesprungen und ins Gesicht geschlagen worden, berichtet Christopher L. (21) im Zeugenstand. „Allerdings konnte ich den Angreifer nicht erkennen.“ Während der anschließenden vorläufigen Festnahme durch die BGS-Beamten habe sich der Angeklagte – im Gegensatz zu seinem Kumpel – eher friedlich aufgeführt, betont der Lehrling. Dem können die ebenfalls als Zeugen geladenen Ordnungshüter nicht widersprechen. „Wer wen zuerst angegriffen hatte, ließ sich leider nicht mehr feststellen“, erzählt Tobias L. (36). Da sich die Ausländer nicht ausweisen konnten, sollten sie in die Dienststelle gebracht werden. Der Landsmann des Angeklagten sei daraufhin total ausgerastet. „Wir mussten ihm Handfesseln anlegen, was ihn noch mehr erboste.“ Auch Joseph K. sei mit dieser Maßnahme nicht einverstanden gewesen, habe ihn an der Uniformjacke gepackt und gezielt gegen das Schienbein getreten. „Kräftig oder mehr wie ein trotziges Kind?“, forscht der Amtsrichter. Der Beamte überlegt kurz. „Nicht sehr doll.“ Dennoch erstattete er nach dem Einsatz Anzeige wegen Körperverletzung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Joseph K. auf der Anklagebank bekommt wütende Augen. „Ich bleibe dabei, keinen Polizisten absichtlich getreten zu haben“, betont er energisch. „Nicht die Körperverletzung ist das schwerwiegende Delikt, sondern der durch die Zeugenaussage klar erwiesene Widerstand gegen die Staatsmacht“, erläutert der Vorsitzende. Der Angeklagte habe eine Diensthandlung behindert. Dagegen müsse man mit aller gebotenen Härte vorgehen. „Allerdings war der Widerstand so heftig nun auch wieder nicht“, relativiert der Richter. Deshalb könne man am unteren Rand des Strafrahmens bleiben. Das Urteil: 20 Tagessätze zu je fünf Euro.
Gabriele Hohenstein
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