Aus dem GERICHTSSAAL: Anklagevorwürfe platzten wie eine Seifenblase
Statt Raub und gefährlicher Körperverletzung blieb am Schluss lediglich eine Rangelei übrig
Stand:
Die Anklage klingt richtig böse. Jan J.* (43) soll in den Abendstunden des 9. Januar 2005 eine Bekannte in der Toilette einer Drewitzer Gaststätte geschlagen, gewürgt, an den Haaren gezogen, sie sodann ihres Schlüssels und des Mobiltelefons beraubt haben. Sein Kumpel Ronny R.* (23) soll dabeigestanden, das brutale Tun des bereits wegen Körperverletzung mit Todesfolge und zahlreicher anderer Gewaltstraftaten Vorbelasteten geduldet, der Frau gar gedroht haben, falls sie nicht „die Schnauze halte“, würde sie noch mehr Schläge kassieren.
Diese Geschichte erzählte das vermeintliche Opfer Susanne S.* (42) den von ihr alarmieren Polizisten kurz nach dem angeblichen Übergriff. Die Staatsanwalt klagte Jan J. und Ronny R. daraufhin wegen Raubes in Tateinheit mit gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung an.
Während der Schöffengerichtsverhandlung zeichnet Jan J. allerdings ein gänzlich anderes Bild der Ereignisse. Er sei mit Gattin und seinem Bekannten Ronny R. wieder einmal zu Besuch in Potsdam gewesen, habe Susanne S. in besagter Gaststätte getroffen. Die Frau hätte ihn „angemacht“, er habe ihr gesagt, dass da nichts mehr laufe. Im Vorraum der Toilette sei die Situation dann eskaliert. „Sie hatte Bluse und Hose geöffnet. Ich schubste sie weg. Dabei fiel sie mit dem Hinterkopf gegen die Wand.“ Er habe die Angetrunkene weder geschlagen noch gewürgt, ihr auch nichts weggenommen, versichert Jan J. „Meine Frau hat ihr ein Glas Bier über den Kopf gekippt, weil sie sauer über ihr Benehmen war“, so der Angeklagte. Später sei Susanne S. von einer weiteren Bekannten geohrfeigt worden. Das ärztliche Attest bescheinigt ihr ein Hämatom am Hinterkopf sowie am Oberarm, Schwellungen an Wange und Kinn.
Im Zeugenstand kann sich Susanne S. „nicht mehr wirklich“ erinnern, was sie der Polizei an jenem Abend für eine Story auftischte. Sie weiß auch nicht, ob sie von Jan J. geschlagen wurde, hat nur die diffuse Erinnerung an einen Streit. „Keine Ahnung, worum es dabei ging. Zuvor hatte ich Jan meinen Schlüssel gegeben, damit er mit seiner Frau und Ronny in meiner Wohnung schlafen kann. Ich war ja sowieso bei meinem Freund“, berichtet sie nun. Auch sei ihr das Handy nicht gewaltsam entwendet worden. „Ich hatte es nach dem Stress in der Toilette noch.“ Ronny R. habe während der Auseinandersetzung dabeigestanden. Ob er sie bedrohte, vermag Susanne S. auch nicht mehr zu sagen. Auf jeden Fall hat sie jetzt mit einem Verfahren wegen Falschaussage zu rechnen. Das Schöffengericht stellt das Verfahren gegen Ronny R. im Hinblick auf eine zweijährige Haftstrafe, die er gegenwärtig absitzt, ein. Jan J. wird wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 400 Euro verurteilt. (*Namen geändert.) Hoga
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