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ATLAS: Anrüchig

Guido Berg über eine enge Verzahnung von Forschung und Wirtschaft

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Für Matthias Platzeck ist eine enge Verzahnung von Forschung und Wirtschaft nicht anrüchig. Das erklärte er bei der Grundsteinlegung für den neuen pct-Bau. In der Tat schaffen Ausgründungen aus Universitäten Arbeitsplätze. Wissenschafter wandeln ihre Forschungsergebnisse in neue Produkte um. Was also soll da „anrüchig“ sein? Nun, tatsächlich gefährdet eine enge Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft die Grundlagenforschung. Sollen nur noch Forschungsziele in Angriff genommen werden, an deren Ende ein Produkt absehbar ist? Vier Jahre lang schuftete Marie Curie, um aus 60 Tonnen Pechblende ein Zehntel Gramm Radium zu gewinnen. Dies ganz gewiss nicht, um irgendwann irgendetwas zu verkaufen. Dann nämlich könnte eine allgemeine Norm der wirtschaftlichen Verwertbarkeit zu einer Benachteiligung der nicht anwendungsorientierten und insbesondere der Geisteswissenschaften bzw. der „brotlosen Künste“ führen. Der wirtschaftliche Erfolg etwa der Bühnenwerke von Schiller und Goethe war passabel – aber marginal gegenüber denen eines Kotzebue, der mit seinen 220 Dramen und Lustspielen in Deutschland rauf und runter gespielt wurde, dass sich die Balken bogen, die die Welt bedeuten. Nur: Wegen eines Kotzebue fährt heute kaum ein Tourist nach Weimar

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