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Landeshauptstadt: Anschlag mit Socke

Haftstrafe für Ex-Rocker wegen Brandstiftung

Stand:

Eine weiße Socke, ein Polizist auf Liebestour, der Besuch an der Stammtankstelle, zwei Himbeermineralwasser-Flaschen und zu wenig Planung sind einem Ex-Rocker aus Werder in Potsdam zum Verhängnis geworden: Weil Riccardo O., damals ein neues Mitglied bei der Rockergruppe Hells Angels, im Jahr 2012 bei einem mutmaßlichen Racheakt an einem Ex-Gang-Mitglied zu viele Spuren hinterließ, konnte er von der Polizei als Täter ermittelt und am Mittwoch im Amtsgericht Potsdam zu einem Jahr und sieben Monaten Haft verurteilt werden.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Werderaner in Potsdam in der Nacht zum 27. Mai 2012 zusammen mit zwei Unbekannten zwei Autos angezündet hat. Die Autos gehörten einem Potsdamer Fitnesstrainer, der, wie er vor Gericht erzählte, kurz vor der Tat „im Guten“ bei den Potsdamer Hells Angels ausgestiegen war. Daher sei es schockierend gewesen, als er in jener Nacht im Mai 2012 aus dem Fenster seiner Wohnung in der Behlertstraße schaute und sah, dass seine beiden Autos – ein Audi A8 und ein Pickup Dodge Ram – in Flammen standen.

Auf O.s Spur kam die Polizei so: Ein Polizist, der gerade seine Freundin besucht hatte und kurz nach 3 Uhr zum Frühdienst radelte, beobachtete die Tat aus nächster Nähe. Zwei Männer mit Sturmhauben hätten Flüssigkeit über die Vorderreifen der Wagen geschüttet, Böller in den Lüftungsschlitzen an der Motorhaube platziert und die Autos mit einem „weißen, brennenden Stofflappen“ angesteckt. Er habe noch gerufen, „Hey, was machen Sie da?“, sagte der Polizist vor Gericht: „Doch die haben nicht reagiert.“ Als die Autos brannten, seien die Täter in einen Opel Omega gestiegen, in dem bereits ein Fahrer saß. Das Auto fuhr in Richtung Sterncenter. Der Polizist merkte sich das – wie sich später herausstellte, gestohlene – Autokennzeichen und alarmierte seine Kollegen. Die überprüften die Videoaufnahmen von Tankstellen der Gegend auf Auffälliges und wurden bei der Aral-Tankstelle in der Gerlachstraße fündig: Dort hatte der Fluchtwagen eine Stunde vor der Tat gehalten und ein Mann von Riccardo O.s Statur zwei 1,5-Liter-Plastikflaschen der Getränkemarke „Lichtenauer Fresh’n Fruity Himbeere“ mit Benzin befüllt. Eine solche Flasche lag später auch am Tatort, einen Kasten Himbeerwasser fand die Polizei bei einer Durchsuchung bei Rocker O. Auch Kleidungsstücke, wie sie auch der Mann an der Tankstelle getragen hatte, lagen in seiner Wohnung. Von einem Verkäufer in der Tankstelle wurde O. zudem als Stammkunde erkannt. Zu allem Überfluss wurde offensichtlich noch versucht, die Autos mithilfe einer Socke von O. anzuzünden. Da diese aber nicht verbrannte, fanden die Ermittler am Tatort die – stark verschmutzte – weiße Socke mit samt der DNA von O. Ein Ermittler berichtete, bei Vernehmungen hätten andere Rocker über O.s Dilettantismus gelästert.

O.s Verteidiger Matthias Schöneburg hatte vor Gericht allerdings keine schlüssige Indizienkette gesehen und Freispruch gefordert. Gegen das Urteil kündigte er Berufung an. Sein Mandant war erst im Mai wegen eines Drogendelikts und räuberischer Erpressung zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt worden. Auch dagegen legte er Berufung ein.

Richterin Reinhild Ahle konstatierte, es habe sich nicht beweisen lassen, dass Auseinandersetzungen bei den Hells Angels das Motiv für den Anschlag waren. O. attestierte – aber bei aller Unfähigkeit – eine hohe kriminelle Energie: „Das riecht nach organisierter Kriminalität.“ HK

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