Landeshauptstadt: Anwalt des Rechts auf Abwegen
Jurist muss 1800 Euro wegen Trunkenheit im Verkehr zahlen
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Jurist muss 1800 Euro wegen Trunkenheit im Verkehr zahlen AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein Normalerweise sitzt Holger K.* (34) als Verteidiger neben einem Gesetzesbrecher auf der Anklagebank. Jetzt brauchte der Rechtsanwalt selbst juristischen Beistand, weil er am 2. Mai 2003 mit 1,59 Promille in seinem Auto in der Berliner Straße von der Polizei gestoppt wurde. Holger K. macht aus seiner Verfehlung kein Hehl. „Ich war zu einem Empfang in der Russischen Botschaft, habe sehr kalorienreich gegessen, etwas Wein und Wodka getrunken und mich durchaus fahrtüchtig gefühlt“, schildert er dem Gericht. Danach sei er zu einer Privatparty nach Berlin-Wilmersdorf aufgebrochen, wo er diverse Mixgetränke konsumierte. „Es war vorgesehen, dass ich dort schlafen konnte“, so der Rechtsgelehrte. Im Laufe des Abends sei es jedoch zu einer emotional gefärbten Auseinandersetzung mit dem Gastgeber gekommen. „Irgendwie hatte ich völlig den Überblick verloren“, schätzt Holger K. ein. „Ich pfiff auf die Gastfreundschaft und dachte, euch werde ich es zeigen.“ Betrunken, wie er war, sei er in sein Auto gestiegen. „Ich war wirklich sehr schockiert, als ich das Ergebnis der Blutprobe erhielt“, berichtet der Anwalt des Rechts. „Eigentlich habe ich mir gar nicht zugetraut, selbst einmal in so eine Situation zu kommen .“ Aus Angst, vielleicht an einem Alkoholproblem zu leiden, habe er sich unmittelbar nach dem Vorfall in fachärztliche Hilfe begeben. In der Vergangenheit – so Holger K. – habe er nicht lange gezögert, zum Prosecco statt zum Orangensaft zu greifen, war er irgendwo eingeladen. „Zum Essen bestellte ich mir wie selbstverständlich Wein, obwohl es vielleicht ein Wasser auch getan hätte.“ „Das alles ist noch nicht strafbar, solange man sich danach nicht ans Steuer seines Wagens setzt“, hält Amtsrichter Francois Eckardt dagegen. Der Alkoholsünder senkt den Kopf. „Mittlerweile versuche ich, das Trinken von Alkohol auf wirklich wichtige Anlässe zu beschränken“, beteuert er. „Sie können mir glauben, ich habe das unreflektitierte Greifen nach gefüllten Gläsern inzwischen eingestellt.“ Laut ärztlichem Gutachten erwarb der Jurist im Laufe seines Lebens eine überdurchschnittliche Alkoholverträglichkeit. Die Staatsanwältin kann nicht glauben, der Angeklagte sei nach der Auseinandersetzung mit seinem Gastgeber dermaßen durcheinander gewesen, dass er sich keine Gedanken mehr über seine Fahrtüchtigkeit machen konnte. Allerdings hält sie ihm zugute, sich umgehend in eine Therapie begeben zu haben. Eine Geldstrafe von 1800 Euro sei daher ausreichend. Die Fahrerlaubnis solle ihm für neun Monate entzogen werden. Das Gericht stimmt der Höhe der finanziellen Sanktion zu, widerspricht allerdings einer Fahrerlaubnissperre. Holger K. nimmt das begehrte Papier im Verhandlungssaal erfreut wieder in Empfang. (*Name geändert.)
Gabriele Hohenstein
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