
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Äpfel ernten statt Schule schwänzen
Jugendprojekt: Bio-Saft von der Streuobstwiese auf Hermannswerder
Stand:
Es war ein süßer Lohn für harte Arbeit. Zwei Tonnen Äpfel hatten die 36 Jugendlichen, die täglich das Jugendhaus „Oase“ besuchen, in den zurückliegenden Wochen gepflückt. Am Freitag gab es für sie zum feierlichen Abschluss der Ernte Apfelkuchen und Apfelsaft. Und ein Zertifikat: Die Plantage auf Hermannswerder mit 170 Bäumen wurde von der Firma Naturland sowie der staatlich zugelassenen Kontrollstelle ÖkoP als biologische Anbaufläche ausgezeichnet.
Ein Erfolg für die Jugendlichen zwischen zwölf und 16 Jahren, die derzeit im Jugendhaus „Oase“ auf Hermannswerder ihren Schulabschluss machen oder auf eine Rückkehr in die Regelschule vorbereitet werden. Sie alle gingen vorher nicht mehr zur Schule, waren notorische Schwänzer. Grund dafür sei nicht einfach Faulheit, betont Jugendhaus-Leiter Bodo Ströber: „Das sind Jugendliche, die mit massiven Problemen zu kämpfen haben, zum Beispiel drogenabhängige Eltern. Viele sind einfach durch das normale Schulraster durchgefallen.“ Im Jugendhaus mit 16 Mitarbeitern und 36 Plätzen für Jugendliche ist Schule anders: Vier Lehrer kümmern sich um je zwölf Schüler. „In der Schule hab’ ich oft geschwänzt, weil ich Stress mit den Lehrern und anderen Schülern hatte“, sagt der 17-jährige Peter. „Hier komme ich mit allen gut klar. Mir macht Kochen und die Arbeit mit Keramik Spaß – und die Schule.“ Die Apfelernte habe ihm anfangs gefallen, doch nach einer Weile sie eintönig geworden, meint Peter.
Gelohnt hat sich die Ernte aber in jedem Fall: Die Braumanufaktur Forsthaus Templin hat bereits einen Teil der Äpfel, darunter sehr alte Sorten, zu Apfelsaft verarbeitet. Demnächst sollen die Flaschen auch mit der Herkunft beschriftet werden. Und die steht für Qualität: Die 1,6 Hektar große Streuobstwiese ist mehr als 100 Jahre alt und nahezu nie intensiv bewirtschaftet worden. Normalerweise sind für eine Bio-Zertifizierung drei Jahre Karenzzeit nötig, in diesem Fall dauerte es nur zwei Wochen: „Als der Inspektor auf die Plantage kam, meinte der sofort: Eigentlich kann ich gleich wieder gehen“, sagt Jugendhaus-Chef Ströber. Der Zaun um die Plantage wurde entfernt, demnächst sollen noch Bänke zum Verweilen aufgestellt werden. E. Wenk
E. Wenk
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: