Landeshauptstadt: Appell gegen „Kettenduldungen“
Schlaatz-Heim landesweit „beispielgebend“ / Zahl der Asylbewerber gesunken
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Schlaatz - Für Gabbr Charles hat sich nicht viel geändert. Seit zehn Jahren wohnt der Mann aus Sierra Leone in Potsdam, wartet auf eine Aufenthaltsgenehmigung – und bekommt doch immer nur eine Duldung, die nach drei Monaten abläuft. Seine Ausbildung als Pflegekraft nutze ihm nichts, denn er bekomme keine Arbeitsgenehmigung. „Ich habe in Michendorf gewohnt, an der Kirschallee, im Lerchensteig, jetzt am Schlaatz“, sagt Charles, der im Heimbeirat des Potsdamer Asylbewerberheims sitzt. Das neue Wohnheim am Schlaatz sei zwar besser. „Aber meine Situation ist die gleiche.“
Gut zwei Jahre nach dem Umzug des Asylbewerberheimes vom Stadtrand an den Schlaatz besuchte Wolfgang Schroeder (SPD), Staatssekretär im brandenburgischen Sozialministerium, am gestrigen Mittwoch das Haus gemeinsam mit Potsdams Sozialbeigeordneter Elona Müller-Preinesberger (parteilos). Das Potsdamer Modell der innenstadtnahen Unterbringung sei landesweit „beispielgebend“, lobte Schroeder.
Der neue Standort habe sich bewährt, resümierte die Sozialbeigeordnete. Sie erinnerte an die anfängliche Skepsis in der Nachbarschaft. Heute gebe es keine Beschwerden mehr – abgesehen von gelegentlichen Klagen über Lautstärke, wie anderswo auch. „Die Integration ist hier gelungen“, sagte Müller-Preinesberger.
„Großen Handlungsbedarf“ sieht sie aber bei politischen Rahmenbedingungen, die Betroffene wie Charles in einem System von „Kettenduldungen“ fesseln. Vor dem Hintergrund der in diesem Jahr auslaufenden Aufenthaltsregelung für Menschen mit „Kettenduldungen“ appellierte sie für eine „mutige Entscheidung“.
Nur 152 der insgesamt 180 Plätze im Heim sind derzeit belegt, sagte Heimleiterin Christiane Wahl. Generell sei die Zahl der Asylbewerber, die vom Aufnahmelager in Eisenhüttenstadt nach Potsdam überwiesen werden, zurückgegangen, erklärte Müller-Preinesberger. 2011 waren es bislang erst 22 Asylbewerber.
Zudem gibt es in Potsdam seit 2005 die Möglichkeit der Unterbringung in Wohnungen – allerdings ist der Wohnraum knapp. So leben laut Müller-Preinesberger derzeit 23 Asylbewerber im Heim, obwohl sie in eine Wohnung ziehen könnten. Voraussetzung dafür sind unter anderem ausreichende Sprachkenntnisse. In diesem Jahr habe es sechs Anträge auf Wohnungsunterbringung gegeben, zwei wurden abgelehnt, zwei bewilligt. jaha
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