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Von Juliane Wedemeyer: Arbeitsagentur bereitet sich auf Krise vor
In Potsdam gibt es wieder mehr Arbeitslose und 157 Betriebe in der Region schickten 3848 Menschen in die Kurzarbeit
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Teltower Vorstadt - Die weltweite Wirtschaftskrise hat Potsdam erreicht. In der Region haben 157 Betriebe ihre Beschäftigten auf Kurzarbeit umgestellt, sagte Dieter Ecker-Lassner, einer der Geschäftsführer der Arbeitsagentur Potsdam gestern in einem Pressegespräch. 3848 Menschen sind davon betroffen. Weitere 60, 70 Unternehmen hätten sich bei der Agentur bereits über die Möglichkeit der Kurzarbeit informiert. Schickt ein Betrieb seine Angestellten in Kurzarbeit, zahlt der Staat ihnen bis zu 18 Monate lang mindestens 60 Prozent ihres Nettogehalts, obwohl sie nicht arbeiten.
Ecker-Lassner wertet es darum als positives Zeichen, dass so viele Betriebe auf Kurzarbeit umstellen, statt Menschen zu entlassen. Das sei ein Indiz dafür, dass sie kurzfristig wieder mit Aufträgen rechnen. Außerdem sei ein Teil der Kurzarbeit ohnehin saisonbedingt – etwa in der Baubranche. Betroffen von der Kurzarbeit ist aber auch die Logistik- und vor allem die Automobilbranche. Dass die großen Autohersteller ihre Produktion gedrosselt haben, macht sich auch auf die Autoteile-Zulieferer der Region bemerkbar, aber auch auf Autohändler (PNN berichteten).
Noch hat die Krise allerdings kaum eine Wirkung auf die Arbeitslosenstatistik: Im vergangenen Monat betrug die Arbeitslosenquote in Potsdam 7,9 Prozent. 6350 Einwohner hatten keinen Job. Das sind zwar 211 mehr als noch im November, aber immerhin 384 weniger als im Dezember 2007. Allerdings mussten sich im Dezember auch mehr Potsdamer arbeitslos melden als noch im November, nämlich 1934. Doch das sei jeden November so, sagte Lassner. Noch suchten einige Branchen sogar Mitarbeiter. Im Elektro-Bereich zum Beispiel, aber auch im Gesundheitswesen. Trotzdem gab es vergangenen Monat in Potsdam nur 589 unbesetzte Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft – 203 weniger als vor einem Jahr.
Bislang hieß es in der Potsdamer Arbeitsagentur immer, dass die Wirtschaftskrise kaum Einfluss auf die brandenburgische Landeshauptstadt haben werde, weil es hier kaum Industrie, sondern sehr viel Verwaltung und Dienstleistungs-Unternehmen gebe. Nun geht man auch bei der Potsdamer Hartz IV-Behörde Paga, die Langzeitarbeitslose vermittelt, davon aus, dass die Krise vor Potsdam nicht Halt macht: „Dienstleistungen müssen ja bezahlt werden können“, erklärte Gudrun Sudau von der Paga. Im schlechtesten Fall rechnen Politiker bereits landesweit mit 50 000 Arbeitslosen mehr. Und in Potsdam könnte die Wirtschaftskrise die Arbeitslosenquote in den zweistelligen Prozentbereich rutschen lassen.
Die Arbeitsagenturen bundesweit haben mittlerweile auf die Krise reagiert – mit einem Extra-Kurzarbeitsprogramm seit dem 1. Januar. Sie bieten den Unternehmen an, ihre Mitarbeiter während der Kurzarbeitsphasen weiterzubilden. Der Staat übernimmt bis zu 80 Prozent der Kurs- und Seminarkosten. Ecker-Lassner betonte, dass sich Kurzarbeit gerade vor dem Hintergrund des drohenden Fachkräftemangels in der Region für die Betriebe lohne. Schließlich könnten sie ihre Mitarbeiter nun sogar betriebsspezifisch qualifizieren.
Juliane Wedemeyer
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