Landeshauptstadt: Arbeitseinsatz im Niemandsland
Neue Bürgerinitiative: Fast 50 Helfer entrümpelten das „Gehölz“ / Wäldchen lag früher im Grenzgebiet
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Am Stern - Eckhard Henning kann sich noch gut an die besseren Zeiten des Wäldchens erinnern: Parkartig und licht sei es hier einmal gewesen, ohne Unterholz, erzählt der pensionierte Informatiker: „Ein Stück Kultur.“ Den Pfad, der Steinstücken mit dem Musikerviertel verbindet, kennt Henning noch als befestigten und mit Gaslaternen beleuchteten Weg. Sogar eine Schule stand hier – Henning hat die „Waldschule“ vier Jahre lang besucht. Heute ist davon nur noch das Fundament übrig, versteckt im Gestrüpp. Denn von 1961 bis 1989 war das dreieckförmige Wäldchen zwischen Steinstraße, Bahnstrecke und dem Musikerviertel Grenzgebiet.
Danach kümmerte sich lange Zeit niemand mehr um das verwachsene und verwilderte Stück Land. „Ich kenne viele, die sich nicht trauen, nachts hier durchzugehen“, sagt Henning. Auch die vermehrten Einbrüche in Autos im Wohngebiet bringt er mit dem verwilderten Gehölz zusammen: Denn dort könnten sich Diebe schnell verstecken.
Das soll sich nun ändern: Am Samstagmorgen traf sich Henning mit Anwohnern des Musikerviertels und aus Steinstücken zum Arbeitseinsatz. Kaum einen Monat alt ist die neu gegründete Bürgerinitiative „Schönes Gehölz“. Anfang Februar sprach Eckhard Henning als Sprecher der Initiative vor den Potsdamer Stadtverordneten. Auf Antrag der CDU soll die Stadt nun prüfen, ob der Weg durch das Gehölz wieder befestigt und beleuchtet werden kann. Auf Antrag der Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen werde momentan außerdem geprüft, ob in der Steinstraße wieder ein Übergang über die Bahnschienen für Fußgänger und Radfahrer errichtet werden kann, ergänzte am Samstag Peter Lehmann, CDU-Stadtverordneter und Anwohner des Musikerviertels.
Fast 50 Helfer zählte Lehmann beim Arbeitseinsatz. Auch Sven Petke, CDU-Landtagsabgeordneter, schaute kurz vorbei: in Anzug und Krawatte. „Politikerarbeitskleidung“, wie er achselzuckend erklärte. Unter den Mithelfern war der SPD-Stadtverordnete Harald Kümmel, der im Musikerviertel groß geworden ist und sich noch gut an die vier Meter hohe „Vormauer“ in der Straße Am Gehölz erinnert. Dahinter habe man früher die Hunde an Ketten entlanglaufen hören, berichtete Lehmann.
Letzte Überreste der Mauer entsorgten die Anwohner am Samstag kurzerhand. Außerdem bargen sie einen Sessel, die Überreste eines Motorrads und sogar einen ausgedienten Kachelofen. Fünf Stunden lang war ein 20-Kubikmeter-Laster mit Ladearm der Potsdamer Stadtentsorgung (Step) im Einsatz, um Äste und Gesträuch schnell zu entsorgen.
Auch mehrere abgesägte Bäume liegen seit Jahren im Gehölz herum: Die habe der Forst einfach liegen gelassen, ärgert sich Eckard Henning: „Man hat hier den Eindruck, jeder glaubt, tun zu können, was er will.“ Der Einsatz der Anwohner sei ein Zeichen dagegen, erklärte Henning: „Mit dieser Aktion wollen wir ein Signal setzen, damit die Leute sich anders verhalten.“
Wann aus dem Niemandsland wieder ein „Stück Kultur“ wird, ist unklar. Für die Befestigung des Weges stehen offenbar noch Gespräche mit Berlin bevor, so Peter Lehmann: Denn das Wäldchen gehöre nur zum Teil der Stadt Potsdam, zum anderen Teil dem Land Berlin.
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