Landeshauptstadt: Architekturbüro im Eiskeller Schagemann und Schulte retten Denkmal
an der Alten Brauerei in Babelsberg
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Babelsberg – „Eiskeller“ heißt ein gelber Klinkerbau hinter der früheren Brauerei an der Straße Alt Nowawes. Architekt Carl Schagemann zeigt das Foto einer 140 Zentimeter dicken Außenwand, die aus neun Schichten besteht; die Hohlräume sind mit Torfmull gefüllt. „Eine hervorragende Dämmung“. Der dahinter befindliche Raum war daher geeignet, Bierfässer bei niedriger Temperatur zu lagern. Gemeinsam mit seiner Partnerin Prof. Claudia Schulte baut Schagemann den Eiskeller zu einem Arbeits- und Wohnhaus um: zwei Etagen Büro und zwei Wohnungen unterm Dach. Wer das fast fensterlose marode Gebäude vor zwei Jahren gesehen hat, betrachtet staunend dessen Verwandlung. „Wir haben das Haus wieder belebt“, sagt der Architekt. Zum „Tag der Architektur“, der das Motto „Architektur belebt“ hat, steht das einzigartige Industrie-Zeugnis inmitten der neuen Wohnanlage an der Alten Brauerei zur Besichtigung offen.
Die historischen Wände waren beim Umbau nicht vollständig zu erhalten, weil sie sich erheblich „ausgewölbt“ hatten. Gerettet und wieder verbaut sind jedoch sämtliche Glindower Ziegel der im Jahre 1890 errichteten Fabrikremise. Der Rückbau der Wände erfolgte abschnittsweise. Statt ihrer errichteten die Bauleute ein zweischaliges Mauerwerk mit ähnlich wärmedämmender Wirkung. An der Lade-Einfahrt auf der einen Seite und am sechs Meter hohen Krantor auf der anderen ist die mächtige 140-Zentimeter-Wand wieder sichtbar und vermittelt einen Eindruck vom Originalzustand. Gestern noch waren die Zimmerleute dabei, die Balken für die halbrunde Überdachung des Treppenhauses einzupassen. Mit dem nach außen auf die Fabrikseite verlagerten Treppenhaus war es überhaupt erst möglich, den ursprünglich einheitlichen Lagerraum zu gliedern und mit annehmbaren Raumgrößen auf drei Etagen zu nutzbar zu machen. Die neue Wand des Treppenhauses ist gleichzeitig Brandmauer für einen Neubau, der zwischen Eiskeller und Brauerei entsteht. Schagemann und Schulte haben lange gesucht, um geeignete Büroräume zu finden. Der Ort hinter der alten Brauerei erschien ihnen trotz des baufälligen Zustandes ideal.
Schagemann, der mit seiner Partnerin seit elf Jahren in Potsdam tätig ist, hat zuvor in einem großen Büro im Münsterland gearbeitet. „Aber dem Herzen nach bin ich Ostfriese“, fügt er hinzu. Auf die Frage, ob das ostfriesische Herz etwas mit dem Bauen zu tun habe, antwortet er zögernd: „Vielleicht ist es der Respekt vor dem jeweiligen Ort.“
Im August wollen Schagemann/Schulte mit acht Mitarbeitern einziehen. In einem „Eiskeller“ müssen sie sich nicht fühlen, denn es gibt eine Geothermie-Anlage. Über vier 120 Meter tiefe Bohrungen wird Erdwärme nach oben befördert. Auf moderne Art kommt so das energiesparende Bauen von vor über hundert Jahren wieder zu seinem Recht.G. Schenke
G. Schenke
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