Landeshauptstadt: ARMUTS-ZEUGNIS
Maximal 224,27 Euro stehen einem Flüchtling laut Asylbewerberleistungsgesetz pro Monat zu. Irene Kirchner, Fraktionsvorsitzende von „Die Andere“, und Matthias Stempfle, Diakon am Schlaatz, machen im Vorfeld der „Interkulturellen Woche“ den Selbstversuch: Sieben Tage mit 45 Euro.
Stand:
Maximal 224,27 Euro stehen einem Flüchtling laut Asylbewerberleistungsgesetz pro Monat zu. Irene Kirchner, Fraktionsvorsitzende von „Die Andere“, und Matthias Stempfle, Diakon am Schlaatz, machen im Vorfeld der „Interkulturellen Woche“ den Selbstversuch: Sieben Tage mit 45 Euro. In den PNN berichten sie täglich über ihr Leben unter dem Existenzminimum.
Ihr Kontostand um 17 Uhr ?
Kirchner: 35,86 Euro
Stempfle: 40,13 Euro
Was haben Sie sich heute geleistet?
Kirchner: Nichts, es ist schon schwer genug, eine ordentliche Wochenplanung hinzubekommen.
Stempfle: Die erste Ausgabe lag im Briefkasten: Tageszeitung, 80 Cent. Im Supermarkt habe ich 4,07 Euro für Lebensmittel ausgegeben. Eine Tafel Schokolade habe ich mir geleistet, die muss für zwei Tage reichen. Und ein Bier für den Feierabend, billiges Weizenbier in der Plastikflasche. Ich habe noch nie Bier in der Plastikflasche gekauft! Damit habe ich mein Tageslimit zwar nicht ausgeschöpft. Aber ich muss auch etwas ansparen: Der Pfeifentabak geht zur Neige, und am Wochenende kommt ein alter Freund zu Besuch, der will sicher abends nicht nur in der Bude hocken, und wenn dann das Portemonnaie leer ist ...
Was gab es zum Mittag?
Kirchner: Käsebrot und eine Möhre, heute Abend werde ich kochen. Die Kantine ist einfach zu teuer.
Stempfle: Heute gab es Nudeln in Tomatensoße mit ein paar Speckwürfeln. Meine Erkältung kuriere ich mit heißer Zitrone, und gegen den Durst gibt es Leitungswasser, das reicht.
Was hat Sie geärgert?
Kirchner: Ich ärgere mich nicht so leicht, aber das Geld könnte gern etwas mehr sein.
Stempfle: Am Wochenende hat mir jemand ein Buch empfohlen, das ich gern lesen würde, aber an eine solche Ausgabe ist diese Woche überhaupt nicht zu denken. Das ist die Stelle, an der mich sparen heute am meisten schmerzt.
Worüber haben Sie sich gefreut?
Kirchner: Einen Kaffee in der Fraktion. Und über das Interesse an der Aktion. Sie ist ein gutes Mittel, um ins Gespräch zu kommen und auf die Situation von Flüchtlingen aufmerksam zu machen.
Stempfle: Ich habe mich darauf gefreut, mich für eine Woche auf das Wesentliche beschränken zu müssen. Es fällt mir aber schwerer als gedacht.
Die Fragen stellte Jana Haase
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